Karben. Die offizielle Variante: Aus gesundheitlichen Gründen zieht sich Gerd Hermanns (68) „langsam aus der aktiven Politik zurück“. So geben Karbens Freie Wähler bekannt, dass ihr Ex-Stadtrat sein aktuelles Stadtverordnetenmandat quittiert. „Stimmt schon“, sagt Hermanns. Eine Augenoperation habe er vor sich. „Aber sonst geht es mir soweit gut.“
Was die Freien Wähler nicht mitteilen: Hermanns hat nicht nur sein politisches Amt niedergelegt, sondern auch seine Mitgliedschaft bei den Freien Wählern. Das bestätigt Hermanns auf Nachfrage. „Ich bin Mitglied bei der FWG/UWG im Wetteraukreis.“
Dahinter steckt nach Informationen der FNP ein handfester Richtungsstreit in der FW. Demnach stemmte sich Hermanns gegen die rigide Oppositionspolitik, die vor allem vom langjährigen Fraktionschef Michael Ottens geprägt wurde. Dieser Rolle blieb Ottens auch treu, obwohl CDU, FW und FDP im April 2010 die Mehrheit in der Stadtregierung und seit 2006 die Mehrheit im Parlament erhielten. Vertraute bestätigen, dass es öfter hinter verschlossener Tür zum Streit gekommen sei.
Gerd Hermanns lehnt eine Stellungnahme dazu ab. „Ich habe vor, nichts darüber zu sagen.“ Er bestätigt jedoch, dass sich Ansichten innerhalb der FW „durchaus verändert“ hätten. „Manches gefällt einem, manches nicht.“ Nachdem der Ärger bei ihm und seiner Frau Margarete gesundheitliche Auswirkungen gehabt habe, hätten beide die Reißleine gezogen.
Einen solchen Richtungsstreit gebe es nicht, widerspricht Vorsitzende Laura Macho. Dass das ein Grund für Hermanns Ausscheiden sei, „muss eine Fehlinformation sein“. Doch sei dies „der stete Wandel des Lebens“, sagt Macho. „Das geht anderen Parteien auch so.“
1996 hatten Hermanns, Ottens und andere in Karben die FWG gegründet. Zuvor war Hermanns nach 18 Jahren aus der SPD ausgetreten. 2010 machte Bürgermeister Guido Rahn (CDU) den Ex-Bundesbahner zu seinem Vize, übertrug ihm unter anderem die Zuständigkeit fürs Umweltamt.
In einem Akteneinsichtsausschuss saßen sich die FW-Freunde Hermanns und Ottens plötzlich gegenüber: Einer als Stadtrat, der andere als Aufklärer des Parlaments. Mehrfach musste Hermanns von Amts wegen Ottens ausbremsen, als dieser nach Unterlagen verlangte, die die Stadt nicht herausgeben durfte. (den)