Karben. Die kleine Luise schaut den Herrn mit der tiefen Stimme mit großen Augen an. Die Eineinhalbjährige sitzt still bei Mutter Eva Appold auf dem Schoß. Ihr gegenüber hat Ministerpräsident Volker Bouffier Platz genommen. Seit August im Amt, bietet er an diesem Abend erstmals Bürgersprechstunden an. An einem großen Besprechungstisch in einem noch viel größeren Besprechungsraum im Feuerwehrhaus von Karben.
Diese Gelegenheit lässt sich Eva Appold nicht entgehen. Sie kommt aus Büdesheim und hat große Sorge um die Zukunft ihres Sohns Jakob (4). Weil dieser schwerbehindert ist, stoße die Familie unentwegt auf Hürden. „Da muss man sich als Eltern um alles selbst kümmern“, beklagt sie fehlende Hilfe öffentlicher Stellen. Allein das Beantragen eines Schwerbehindertenausweises sei „ein Spießrutenlauf“ gewesen. Vor Jakobs Integration in einer Regelschule graut es Eva Appold. „Da möchte ich von Herrn Bouffier einfach erfahren, wie er das verbessern kann.“
Unter vier Augen spricht sie mit ihm. „Das ist ja nicht just for show“, erklärt Bouffier, zeigt auf die drei Fernsehkameras und bittet diese dann nach draußen. „Ich möchte möglichst ungefiltert erfahren, was die Bürger bewegt.“ Denn im Alltag begegne er doch immer wieder nur den gleichen Menschen: Mitarbeitern, Interessenvertretern, Journalisten. „Aus dieser Phalanx will ich ausbrechen“, sagt Bouffier.
So unterhält er sich mit den Bürgern über Probleme in der Schule, über Kinderbetreuung, den Bau der Nordumgehung für Karben. Sechs von 25 Interessierten haben seine Mitarbeiter zum persönlichen Gespräch eingeladen. „Auch um die Probleme der anderen kümmern wir uns natürlich“, sagt Bouffier. Mindestens viermal im Jahr will er solche Sprechstunden an verschiedenen Orten im Land anbieten.
Sofortige Lösungen konnte Bouffier nicht versprechen, dafür aber, dass die aufgeworfenen Fragen bearbeitet und beantwortet werden, sagte der Ministerpräsident. In Karben endet Eva Appolds Gespräch mit Bouffier nach gut 20 Minuten. Es sei „sehr persönlich“ gewesen, sagt sie. „Wir haben einfach von Mensch zu Mensch gesprochen, und er sagte einiges, was aus dem Herzen kam.“ Er wolle versuchen, die Integration behinderter Kinder stärker zum Thema zu machen, habe er ihr angekündigt, berichtet Eva Appold. (den)