Karben. Auf sie können Karbens Brandschützer stolz sein: Als erste Frau wagte sich Wiltrud Schumacher vor knapp 40 Jahren in die Männerdomäne Feuerwehr und ist noch heute dabei.
Zwar ist die 58-Jährige jetzt nicht mehr in der Einsatzabteilung aktiv, aber wenn sie Schläuche sieht, dann kann sie sich kaum zurückhalten. So geschehen bei einer Routine-Übung der Jugendwehr am Feuerwehrhaus in Klein-Karben. Kaum probiert Schülerin Tina Läufer, wie sie am besten wickelt, da steht Wiltrud Schumacher schon dem Mädchen zur Seite und gibt Tipps. Doch das Gespräch bleibt nicht bei diesem Thema, denn schließlich hat die Karbenerin noch weitaus mehr aus ihrer fast 40-jährigen Feuerwehr-Erfahrung zu berichten.
1971: Wiltrud Schumacher, gerade einmal 19 Jahre alt, begleitet ihren Freund Karl-Heinz zu Feierlichkeiten der Feuerwehr. Ihr Lebensgefährte und heutiger Ehemann ist der Feuerwehr Klein-Karben schon zwei Jahre eher beigetreten. Als bei einem Fest vom damaligen Wehrführer erwähnt wird, dass von nun an auch Frauen bei den Kameraden willkommen seien, zögert Wiltrud Schumacher nicht lange. „Was die Männer können, kann ich schon lange“, denkt sich die junge Frau. „Anfangs herrschte Skepsis, ob ich als Frau den Anforderungen der Wehr gerecht werden kann“, erinnert sie sich. Nach einigen Monaten konnte sie alle Vorurteile abbauen.
Wiltrud Schumacher wird schnell ein fester Bestandteil vom Team, fährt mit der Einsatzabteilung zu Einsätzen. Erst einige Jahre später folgen weitere Frauen. 1976 lernt sie in einem Seminar den Umgang mit schweren Atemschutz-Geräten. Damit ist die Feuerwehrfrau so manchem männlichen Kameraden voraus. Einige Zeit später ereignet sich ein Zwischenfall, von dem Wiltrud und Karl-Heinz Schumacher noch heute reden. In der Nacht wird das Paar aus dem Schlaf gerissen. Aus einem Wohnhaus in Klein-Karben steigt Rauch. Menschen haben sich bereits auf der Straße versammelt. Was Wiltrud Schumacher kurz vorher in der Theorie gelernt hat, muss sie nun in die Tat umsetzen. Sie darf keine Zeit verlieren, schließlich geht es um Menschenleben. Nur das Ehepaar Schumacher ist befugt, den Raum zu betreten, da beide Vorkenntnisse über Atemschutz besitzen. Ein wohl geistig verwirrter Mann ließ beim Einschlafen seine Zigarette fallen und verbrennt schließlich in seiner Wohnung. „Da kam ich zum ersten Mal mit einer menschlichen Leiche in Kontakt“, erinnert sich die 58-Jährige mit Gänsehaut zurück. Doch solche Fälle bleiben in der von 1971 bis 2007 andauernden Zeit in der Einsatzabteilung für Schumacher die Ausnahme. Auch ihr Arbeitgeber, eine Karbener Arztpraxis, zeigt sich verständnisvoll, wenn Schumacher auch einmal während der Arbeitszeit zum Einsatz muss.
Ebenso wichtig wie die Brandbekämpfung ist für die Frau auch das soziale Miteinander. Mehr als zehnmal war sie seit 1974 bereits zu Besuch bei der Partnerwehr von St. Egrève. Daraus sind Freundschaften entstanden, die sie noch heute pflegt. Daneben rief Wiltrud Schumacher einen Stammtisch ins Leben, der nur von Frauen besucht werden darf.
Seit 2007 ist Wiltrud Schumacher auch in der Alters- und Ehrenabteilung aktiv und hat immer noch großen Anteil an dem Treiben „ihrer“ Klein-Karbener Wehr. So auch beim Thema Jugendarbeit. Kein Wunder also, dass junge Nachwuchs-Kameradinnen genau zuhören, wenn Wiltrud Schumacher erzählt. Für Mädchen wie Tina Läufer hat Schumacher den Weg geebnet und sich in der Männerdomäne Feuerwehr einen Namen gemacht.