Nikolaus Sprink, ein professioneller Opernsänger, Tenor an der Berliner Oper, wird 1914, bei Ausbruch des 1. Weltkrieges, zur Armee eingezogen. Mit seiner Einheit kommt er nach Frankreich, wo seine Einheit im Dezember 1914 in eisiger Kälte nach erbitterten Grabenkämpfen Einheiten der französischen und der schottischen Armee gegenüber liegt.
Am Heiligabend 1914 beschließt er, für seine Kameraden Weihnachtslieder zu singen. Zu dem Zweck steigt er auf den Rand des Grabens, wo ihn auch der Feind sehen kann. Aber anstatt ihn zu töten, lauschen auch die französischen und schottischen Soldaten ergriffen den Weihnachtschorälen. Nach einiger Zeit beginnen schottische Soldaten, ihn auf ihren Bagpipes zu begleiten.
Noch am selben Abend vereinbaren die kommandierenden Offiziere, für den Heiligabend Waffenruhe zu halten, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Später werden aus diesem Abend mehrere friedliche Tage. Diese Szenen stammen aus dem sehenswerten Film „Merry Christmas“, der an den „Christmas Truce“ erinnert, an den „Weihnachtsfrieden“ 1914, bei dem deutsche und alliierte Soldaten gemeinsam Weihnachten feierten und vorübergehend die Kampfhandlungen einstellten – entgegen dem Willen ihrer höheren Vorgesetzten.
Besonders ergreifend ist die Szene, in der die Soldaten – deutsche, französische und schottische – auf offenem Feld einen Gottesdienst feiern, den ein schottischer Militärgeistlicher hält. Sie singen gemeinsam Choräle und hören auf das Wort Gottes – und das hat Folgen: Die entsprechenden Truppenteile werden von der Front abgelöst, weil sie es danach nicht mehr fertigbringen, aufeinander zu schießen.
Am kommenden Sonntag gedenken auch hier in Bad Vilbel Menschen den Millionen Toten, die in den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts ihr Leben verloren haben. Und auch denen, die in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr gefallen sind. Am Volkstrauertag bringen viele Menschen ihre Hoffnung auf eine gerechtere und friedlichere Welt zum Ausdruck.
Die zitierte Filmszene gibt einen Einblick, wie das gelingen kann: Wer den Frieden Gottes in seinem Leben erlebt hat, wer einmal gelernt hat, den anderen als Gottes Geschöpf zu sehen und wer erfährt, dass er selbst von Gott geliebt ist, der ist auf dem besten Weg zum Frieden. Wer erfährt, welche Würde er selbst von Gott erhalten hat, der erkennt die Würde anderer an.
Jesus sagt zu seinen Jüngern: „Ich gebe euch meinen Frieden, nicht den Frieden, den die Welt gibt“. Keinen Waffenstillstand, keinen berechnenden Scheinfrieden, keinen Frieden aus der Erschöpfung des Kampfes – sondern Frieden im Sinne von Geborgenheit, Trost und Freude. Damit fängt echter Friede an. Und gerade Christen sollen Botschafter des Friedens sein – des Friedens Christi und auch des Friedens in der Welt, der daraus folgt.
Im Gedenken an Millionen Menschen, die ihr Leben durch Krieg und Terror verloren haben.
Rolf Schwärzel,
Pastor der Freien evangelischen
Gemeinde Bad Vilbel