Karben. Dem Dorfladen in Burg-Gräfenrode geht es nicht gut: Inhaber Ertan Bayram fehlen die Kunden. Nun appelliert Ortsvorsteher Karlfred Heidelbach eindringlich an die Roggauer: „Wenn wir ihn nicht unterstützen und dort einkaufen gehen, gibt es unseren Dorfladen bald nicht mehr.“
„Mit Milch und Zucker, bitte.“ Zimmermann Marcel Hirt (33) rührt seinen Kaffee um, legt den Löffel zur Seite und trinkt genussvoll einen Schluck. „Blond und süß“, sagt Ertan Bayram (35) hinter der Brötchentheke und grinst. An diesem Morgen um kurz vor neun ist der Handwerker aus Ilbenstadt der einzige Kunde in Bayrams Dorfladen. „Der Kaffee ist hier gut“, hat Handwerker Hirt herausgefunden. Wenn er von Ilbenstadt zu einem seiner Kunden fährt, dann stoppt Hirt regelmäßig am Dorfladen.
Selbst wenn er nur den Kaffee trinkt, ein paar Getränkedosen und ein Brötchen mitnimmt – solche treuen Kunden schätzt Ertan Bayram. Er bräuchte viel mehr von ihnen. Nach drei Jahren ist die Euphorie im Dorfladen verflogen.
Im Dezember 2006 übernahm Bayram den Dorfladen, mit dem es zuvor bergab gegangen war. Heute hält sich das Geschäft erneut nur mit Mühe am Leben. „Es gab schon Monate, da habe ich draufgelegt“, sagt Bayram. Und das, obwohl die ganze Familie mithilft: Seine Frau Sibel (28) steht oft hinter der Theke, ebenso Bayrams Eltern. Die Stadt hilft, indem sie die Miete niedrig hält. Die Poststation musste Bayram bereits aufgeben: Zu hoch waren Kosten und Ärger, ohne dass die Postkunden etwas im Laden einkauften.
Das Problem des Dorfladens: Ihm fehlt Kundschaft. „Alle kennen den Laden, aber kaum jemand kommt“, klagt der Inhaber. Mehr und mehr dezimiert sich die Stammkundschaft: „Von den letzten 20, 30 Beerdigungen hier waren fast alle meine Kunden.“ Denn besonders die Senioren spricht der Laden an – alle anderen decken ihren Lebensmittelbedarf lieber im Discounter ein.
„Ja, dabei habe ich mich auch schon selbst erwischt“, gibt selbst Ortsvorsteher Karlfred Heidelbach (CDU) zu. Er bezeichnet sich als „unregelmäßiger Kunde“, kauft immer mal wieder Kleinigkeiten, Kaffeefilter, Milch oder Brötchen ein. „Der Dorfladen ist meist auch nicht teurer als andere Geschäfte.“ Das bestätigt Inhaber Bayram. Ob Mineralwasser, der Kasten zu zwei Euro, Backwaren – für die meisten Produkte zahlen die Kunden bei ihm so viel wie anderswo.
Wenn manches ein wenig teurer sei, dann, damit er überhaupt überleben könne. Wie lange er noch durchhält, kann der Dorfladenchef nicht absehen. „Ich will kämpfen bis zum Letzten“, verspricht er. „Ich kann nicht davon leben, dass jemand mal hereinkommt und etwas mitnimmt“, erklärt Bayram. „Wir brauchen hier die Zwischendrin-Einkäufe.“ Doch fürchtet er sich vor dem Schicksal, das erst im Februar der Sparkassenfiliale wenige Häuser weiter widerfuhr: Sie wurde geschlossen, die Kunden müssen nun nach Klein-Karben oder Ilbenstadt fahren. So weit will es der Ortsvorsteher nicht kommen lassen. Zu wichtig sei die Einkaufsmöglichkeit im Ort besonders für ältere Menschen. „Und wir werden alle einmal alt.“
Mehrfach bereits habe er das Thema im Ortsbeirat angesprochen, will nicht locker lassen. „Jeder von uns muss sich an die Nase fassen, ob er seine Besorgungen nicht auch im Dorfladen machen kann“, fordert Heidelbach die 1358 Einwohner auf. (den)