Bad Vilbel. Hübsch sieht er aus, der kleine Schmetterling. Aber wenn sich die Apfelbaumgespinstmotte millionenfach auf einem Baumgrundstück ausbreitet, vermag sie bei Obstbauern so gar keine Liebhaber finden. Die interessiert vor allem, wie sie die Plagegeister los werden.
Geschätzt 150 Menschen, wohl überwiegend Apfelliebhaber aus den Wingertgrundstücken und dem Grauberg, aber auch Naturschützer, waren der Einladung von Hans-Hermann Freese, dem Vorsitzenden des Obstbauvereins, gefolgt. Und holten sich Infos aus erster Hand. Gisela Sartorius, Pflanzenschutzberaterin des Hessischen Landesbetriebs in Friedberg, vermochte in knapp zwei Stunden den überwiegenden gestandenen Männern erschöpfend mit Wort und Diaprojektor das Geheimnis dieser verruchten „Motte“ aufzuklären.
Vor ihr saßen lauter Ankläger. Hatte die „Motte“ doch im vergangenen Jahr fast alle der etwa 300 Apfelbäume auf den Höhenwiesen im Süden der Quellenstadt befallen. Die Baumkronen waren eingesponnen und darunter fraßen sich tausende Raupen dick und fett. Fast die gesamte Apfelernte konnten die Vilbeler Obstbauern 2009 abschreiben. Auch wenn der Johannistrieb die Bäume wieder ergrünen ließ – Äpfel gab es nicht und die Stämme wirkten erschöpft.
Das Schlimmste: Die Räupchen vom vorigen Herbst sind prächtig durch den Winter gekommen. Der starke Frost hat die Schwächsten unter ihnen vielleicht vernichtet. Die Starken überleben – und treiben es nur umso schlimmer. Ohnehin macht diesen heimischen Raupen Kälte nicht viel aus. Ihr Stoffwechsel wird im Winter auf ein Minimum herunter gefahren und ihr Blut enthält ein öliges Fett als „Frostschutzmittel“, das auch noch Minustemperaturen von 50 bis 70 Grad toleriert.
Jetzt im Frühling beginnen sich die Raupen in ihren Gelegen langsam zu regen. Es ist nach Angaben der Referentin und von Freese die Zeit, die Zweige der Apfelbäume zurück zu schneiden. Im Mai, wenn die Raupen anfangen zu spinnen, sei die Zeit, die Nester mit je rund 500 Puppen abzuschneiden. Wie ein weißer Perlonstrumpf ließen sie sich noch abziehen. Doch schon im Juni können die gerade geschlüpften Falter nach abendlichen Begattungsflügen schon wieder Eier ablegen.
Was tun gegen die Gespinstmotte? Das war die Frage, die die Meisten interessierte. Sartorius empfahl zuallererst, jetzt noch Meisenkästen auszuhängen. Auch die Ansiedlung von Schlupfwespen verspreche Erfolge. Dennoch: Alle Mittel, auch das Abschneiden und Verbrennen befallener Äste, helfe angesichts der aktuellen Lage in den Wingerten kaum etwas.
Gisela Sartorius, Vilbeler Bürgerin und Mitglied im Obstbauverein, empfahl nach Abwägung verschiedener chemischer Bekämpfungsmittel den Einsatz des Bacillus thurengiensis Stamm aizawai. Das Bakterium zerstöre den Darm der Raupen und muss ausgebracht werden, bevor die Raupen den gegen Feuchtigkeit und damit gegen jedes Spritzmittel immunen Kokon gebildet haben. Das Mittel vermehre sich nicht in den Raupen und sei keine Gefahr für Bienen. Beim Ansetzen der Brühe sollte man Atemwege und Haut schützen.