Bad Vilbel. „Ich kann mir eine Mediathek auf einer Flussbrücke vorstellen“, sagte der Darmstädter Stadtplaner Dieter Peters als Gastreferent einer Wahlkampfveranstaltung der Freien Wähler (FWG) für ihren Bürgermeisterkandidaten Manfred Manthey. Dieter Peters, bis April 2008 parteiloser Stadtbaurat in Bad Vilbel, zeigte als Referent vor etwa 50 Besuchern der FWG-Veranstaltung im Kurhaus, dass er seine Kompetenz über parteipolitische Taktiken stellt. „Ich bin hier, um als Stadtplaner meine Meinung zu sagen, die sich nicht mit jener der Freien Wähler decken muss“, betonte er.
Im Publikum saßen etliche Stadtverordnete von CDU, SPD und Grünen. Peters startete mit einem virtuellen Spaziergang durch das „neue“ Bad Vilbel vom Nordbahnhof bis zum Zentralparkplatz. Er überquerte die kreuzungsfreie, mit künstlerisch gestalteten Kreiseln versehene Kasseler Straße, um durch die mit geringem Aufwand durch Laternen und Bäume aufgewertete Niddastraße das Café am Kurpark zu erreichen. Nach den in einer Diplomarbeit von Martin Mohr auf den Grundlagen von Siesmayer erarbeiteten Plänen stellt er sich die Rückwandlung des Kurparks von einer Grünanlage in einen „echten Park mit Blickachsen und historischen Wegen“ vor. Das denkmalgeschützte Kurhaus sollte entkernt und zu einer Stadthalle ausgebaut werden, die in Vilbel fehle. Peters plädiert für den ersatzlosen Abriss des Kurmittelhauses und des Hallenbades zu Gunsten von Grünflächen. „Eine hervorragende Idee“ sei die Ausweitung der Nidda an dieser Stelle. Der Schwarze Weg sollte durch eine Bebauung auf der Kurparkseite entlang der Bahnlinie gefasst werden. Daraus könne zugleich die Stadthalle finanziert werden.
Ein Hotel in Verbindung mit dem öffentlichen Betrieb der Stadthalle sei ebenso vorstellbar wie drei- bis viergeschossige Wohnhäuser in 20-Meter-Abschnitten von verschiedenen Architekten für hochwertiges Wohnen am Park. Damit erhalte der Kurpark mehr Grün als heute, antwortete er auf Einwände aus dem Publikum, Bad Vilbel werde zubetoniert.
Für die Entwicklung der Neuen Mitte sei der Angerer-Plan das Beste, was vorgelegt worden sei. Da allerdings die Probleme mit großflächigem Einzelhandel offensichtlich seien, sollte man den Trend „Zurück in die Stadt“ für einen „Plan B“ mit Wohnen, Fachärztezentrum, preisgünstigen Studentenwohnungen bei guter Anbindung nach Frankfurt und kleinen Läden nutzen. Eine Mediathekbrücke sei vorstellbar, „allerdings nur in einem Gesamtkonzept, das bisher nicht erkennbar ist“. Bis es vorliege, sollte man sie zurückstellen.
Um der Bebauung Neue Mitte „die richtige Maßstäblichkeit“ zu geben, empfahl Peters, ein Modell zu bauen, über das Bürger und politische Parteien verzahnt beraten könnten. Ein solcher Prozess könne innerhalb eines knappen Jahres „ein Ergebnis bringen, hinter dem die Bürger stehen“, weil sie einbezogen statt nur informiert würden.
Eine „historisierende Bebauung“ sei ihm ein Graus, so Peters auf die Frage, ob die Neue Mitte sich nicht an das alte Vilbel anlehnen sollte.
Die Innenstadt und die Stadthalle brauchten Parkplätze, stellte Peters fest. Allerdings sollten mit Rücksicht auf die Verkehrsbelastung der Frankfurter Straße unter der Neuen Mitte nicht mehr entstehen als 130, wie sie heute der Zentralparkplatz biete. In der Innenstadt sollten nur Kurzzeitparkplätze zur Verfügung stehen. Langzeitparker müssten an den Rand.
Eine Fußgängerzone sei nicht möglich, da die Andienung von Läden von rückwärts, durch Wohngebiete geführt werden müsste, sofern sie überhaupt möglich sei.
Der Bebauungsplan Ami-Wiese war Peters zweites Thema. Die Stadt habe das Gelände als Bauland aufgekauft und nutze es als letzte Möglichkeit, der historisch gewachsenen „städtebaulichen Unordnung“ auf dem Heilsberg eine Struktur zu geben. Das Konzept der Stadt könne durch einen zentralen Platz, wie ihn jeder Stadtteil habe, ergänzt werden, um darüber in vier Richtungen das Gebiet zu erschließen.
Der Grünzug südlich des Sportgeländes mit neuem Sportlerheim samt Jugendräumen sowie Turnhalle sollte weiter in das Wohngebiet hinein gezogen werden.
Am Schluss der Veranstaltung lieferten sich die Ehrenstadträte Klaus Minkel (CDU) und Klaus Kroner (SPD) ein Nebengefecht um Verdienste während der eigenen und Versäumnisse während der jeweils anderen Regierungszeiten.
Freie-Wähler-Kandidat Manfred Manthey betonte, „ohne parteipolitische Rücksichtnahme Politik für die Bürger machen“ zu wollen. „Arrogante und ignorante Politik ist langfristig nicht möglich“, stellte er fest. Am 21. Februar werde sich entscheiden, „ob es in Vilbel eine Politikveränderung gibt“.