Karben. Über das Leben Hildegard von Bingens berichtete Pfarrer Bernd Schirmer in der St.-Bardo-Kirche.
„Hildegard von Bingen ist auch deshalb so beliebt, weil jede Zeit ihre Ideen in ihr Werk hineintragen kann. So gibt es eine ökologische, heilkundliche und eine feministische Lesart Hildegard von Bingens.“ Eingeladen hatte der Orgelbauverein in die katholische Kirche St. Bardo nach Petterweil.
„Heute geht es nicht um Kochrezepte“, erklärte Michael Walke vom Orgelbauverein zur Begrüßung der rund 50 Interessenten. Vielmehr wolle man die „ganzheitliche Weltsicht von Bingens“ vorstellen. So befasste sich Hildegard von Bingen mit Religion, Ethik, Kosmologie sowie mit Medizin und Musik.
Bei den Berichten über sie, etwa von Mönchen, müsse berücksichtigt werden, „dass die Beschreibungen von Heiligen den Leser in erster Linie geistlich aufbauen sollen“, so Schirmer. Daher seien sie weniger um objektive Beobachtung bemüht, als das heutzutage bei Biografien üblich sei.
Hildegard von Bingen war eines von zehn Kindern aus einer adligen Familie. Geboren wurde sie vermutlich im Jahr 1098 in Bermersheim vor der Höhe. Sie starb am 17. September 1179 im Kloster Rupertsberg bei Bingen. Ihre Bildung sei ungewöhnlich gewesen, „denn Bildung war für Frauen in dieser Zeit nicht vorgesehen“, so Schirmer.
Während die moderne Welt an von Bingen als Person interessiert sei, „galt das Interesse im Mittelalter nicht dem Individuum, sondern dem Medium“, erklärte Schirmer. So sei von Bingen als Prophetin beschrieben worden. Sie habe Aufgaben und Visionen von Gott empfangen und diese an Menschen vermittelt. In ihren drei großen theologischen Werken ging sie der Frage nach, in welchem Verhältnis Mensch, Gott und die Welt zueinander stehen.
„Das Bildungsideal der mittelalterlichen Kirche zielte nicht auf individuelle Bildung. Vielmehr ging es um die Wahrung und Weitergabe des verbindlichen, traditionellen Wissens.“
Vor diesem Hintergrund müsse auch Hildegard von Bingen gelesen werden, sagte Schirmer. Und: „Hildegard von Bingen ist heute so beliebt, weil sie den Menschen auf der Suche nach anderen Werten als den materiellen eine spirituelle Neu-Orientierung geben kann.“ (kre)