Bad Vilbel. Aug’ in Aug’ blicken sich Ben und der Bulle an. Noch lieber mag der Siebenjährige die Pferde – nicht gleich zum Reiten, aber zum Streicheln. Dafür gab es am Dienstag, bei der 54. Bezirkstierschau des Vilbeler Marktes reichlich Gelegenheit. Bei echt hochsommerlichen Temperaturen strömten sehr viele Besucher auf den Festplatz. Etwa doppelt so viele waren es im Vergleich zum Vorjahr, rund 5000, schätzte Pedro Albert von der Marktverwaltung.
Weil der Markt in der letzten Ferienwoche liege, seien wieder viele Familien mit Kindern gekommen, vor allem viele kleine Kinder, die das Gelände als einen großen Streichelzoo nutzten. Die Tiere nahmen die Besuchermassen mit Gelassenheit zur Kenntnis und wenn es zu viel wurde, kuschelten sie sich einfach in ihren Gehegen zusammen. Aus Bad Soden-Salmünster angereist ist Lothar Muth mit Tochter Sarah und zwei Braunvieh-Kühen. Drei Jahre sind die Tiere alt, ihr helles Fell glänzt in der Sonne. Der Abwärtstrend bei den Milchpreisen trübt jedoch Muths Stimmung. 130 Milchkühe hält er und sieht dazu auch keine Alternative. Um die Krise zu meistern, müssten nun eben Investitionen zurückgestellt werden, „auch die Familie leidet“, sagt er. Auf dem Vilbeler Markt ist Muth zum ersten Mal. „Sehr angenehm, sehr gut besucht“, ist sein erster Eindruck, „das passt.“
Eine Tierschau war bereits 1820 der Ursprung des heutigen Marktes, erinnerte Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU). Die Anziehungskraft sei ungebrochen, weil „immer mehr Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene immer weniger Berührungspunkte zur Landwirtschaft haben.“ In diesem Jahr gab es besonders viele Tiere zu sehen: 75 Rinder, 48 Großpferde, 20 Kleinpferde, 26 Ziegen, eine Schaffamilie und eine Gruppe Sauen. Dazu kamen Hühner und Kaninchen.
Der Schätzbulle, der gelassen seine Rolle spielte, stammte aus Büdingen, von dem Züchter Gerd Herd, und wog 1020 Kilo. Bester Schätzer war Leon Bergamos aus Bad Vilbel. Dickes Lob der Preisrichter und des Publikums gab es für die „akustische Beschallung, die so gut wie noch nie ist“, betonte ein Preisrichter via Mikrophon und erntete kräftigen Applaus.
Rathauschef Dr. Stöhr zeigte sich rundum zufrieden „über den wunderschönen, sonnigen Tag“ und hatte allen Grund dazu, stolz zu sein auf die Bezirkstierschau, dieses große Wetterauer Ereignis mit imponierender Tradition. „Der Vilbeler Markt das ist, meine Damen und Herren, gelebte Landwirtschaft, Landwirtschaft zum Anfassen“, jubelte er, warb für die Produkte der Direktvermarkter und berief sogar Otto Fürst von Bismarck in den Zeugenstand, der vor mehr als hundert Jahren gesagt hat: „Wenn die Landwirtschaft nicht besteht, kann auch der Staat nicht bestehen.“ Für den neuen Marktmeister, Timo Jehner, der dafür sorgte, dass alles reibungslos ablief und geschäftig mal da, mal dort nach dem Rechten sah, war es ein glänzender Einstand.
Auch eine in dieser Form noch nie dagewesen Showvorführung faszinierte die Menschen: Die blinde Dressurreiterin Sandra Platano (33) vom Reitverein Heldenbergen zeigte hoch zu Ross ihr Können. Das waren bleibende Bilder: Tier und Mensch in schönster Synthese.