Bad Vilbel. Das seit 1956 in Bad Vilbel ansässige Pharma-Unternehmen Stada hat in seiner Bilanzpressekonferenz angedeutet, den Holding- und Vorstandssitz von Bad Vilbel ins steuergünstigere Ausland zu verlagern. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Topmanagement und zentrale Betriebseinheiten von Bad Vilbel ins Ausland verlegt würden, erläuterte Stada-Pressesprecher Axel Müller. Diese Erwägung richte sich jedoch nicht gegen den Standort Bad Vilbel. Betroffen davon wären das Topmanagement und zentrale Konzernfunktionen. Der Produktionsstandort in der Quellenstadt sei nicht gefährdet, auch an den Investitionen von 15 Millionen Euro in die Erweiterung des Laborbereichs in Bad Vilbel werde man keine Abstriche machen. Entlassungen seien hier in absehbarer Zeit nicht erforderlich. Man rechne mit einer Einigung zur Verlängerung der Wochenarbeitszeit und des Verzichts auf Urlaubsgeld für außertarifliche Mitarbeiter. Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) kommentierte dies mit den Worten, es sei legitim, wenn Stada seine steuerliche Situation prüfe. Es gebe „keine Ewigkeitsgarantie“, doch freue er sich darüber, dass Stada mit seiner Produktion Bad Vilbel weiter als „ganz wichtigen Standort“ betrachte.
Stada ist Deutschlands drittgrößter Hersteller von Nachahmermedikamenten (Generika) und verzeichnete von Januar bis Juni einen stärkeren Umsatzrückgang, als von Experten erwartet. Die Erlöse fielen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um acht Prozent auf 755,2 Millionen Euro. Unterm Strich fiel der Gewinn um 23 Prozent auf 48,3 Millionen Euro. Die Ankündigung, den Konzernsitz zu verlegen, sei als Signal an die Unternehmenssteuer- und Gesundheitspolitik des Bundes zu verstehen, betonte Müller. Allerdings sei auch der Standort Vilbel „nicht sakrosankt“.
Bereits seit Mitte Juni haben Betriebsrat und Geschäftsführung über eine neue Betriebsvereinbarung, die noch dieses Jahr abgeschlossen werden soll, verhandelt (Bad Vilbeler Anzeiger vom 30. Juli). Ab September soll eine externe Unternehmensberatung Möglichkeiten zur Kostenreduzierung finden. Nach einer Betriebsversammlung der Stada im Juli klagte ein Mitarbeiter: „Die sollte doch nur dazu dienen, uns einzuschüchtern.“ Er fügte leise hinzu: „Das ist denen da oben auch gelungen.“
Auch wenn die Stada bleibt, muss die Stadt um ihre Gewerbesteuer bangen. Er rechne mit einem Rückgang von 30 Prozent, sagte der SPD-Haushaltsexperte Werner Neuß auf Anfrage. In der Wetterau gebe es bereits Kommunen, in denen die Einbußen die Eingänge überschritten hätten. Bei Stada rechnet er mit wenigen Einnahmen. Neben der schlechten Ertragslage führen die hohen Investitionen zu Abschreibungen: der Bau des Stada-Logistikzentrums in Florstadt mit 31,4 Millionen Euro und der Laborausbau in Bad Vilbel für 15 Millionen Euro.
Bereits vor der Bilanzpressekonferenz war bekannt geworden, dass Finanzvorstand Wolfgang Jeblonski vorzeitig und mit sofortiger Wirkung sein Amt aufgegeben habe. Dies sei laut Stada im besten Einvernehmen erfolgt. Der Frankfurter Neuen Presse gegenüber sagte Vorstandschef Hartmut Retzlaff jedoch, dass Jeblonski nicht auf eigenen Wunsch gegangen sei. Stada suche nun einen Nachfolger. Ziemlich genau ein Jahr zuvor hatte Stada den Vorstand verkleinert und sich überraschend von zwei Mitgliedern getrennt.