Bad Vilbel. Der Dortelweiler Pharma-Konzern Stada setzt im eigenen Haus den Rotstift an. Warum gespart werden muss, darüber informierte der Vorstand die Belegschaft hinter verschlossenen Türen auf Einladung des Betriebsrats.
Die meisten Mienen waren mürrisch. Knapp anderthalb Stunden dauerte am Montag die Betriebsversammlung im eigens dafür angemieteten Dortelweiler Sport- und Kulturforum. Gute Nachrichten hatten die Vorstände Hartmut Retzlaff und Christof Schumann offensichtlich nicht zu überbringen gehabt. Zu Details wollte sich von den Mitarbeitern niemand äußern. „Wir sollen der Presse nichts sagen“, kommentierte eine Stada-Angestellte mit säuerlichem Gesichtsausdruck. Der Betriebsrat als Arbeitnehmervertreter war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Dennoch sickerte so viel durch: Der Pharma-Konzern, der auf die Herstellung von Nachahmerprodukten (Generika) spezialisiert ist, will sparen. In welcher Größenordnung ist jedoch unklar. Nur diese drei Kernaussagen ließ sich der Vorstand entlocken: „1. Stada geht es gut. 2. Wir müssen jedoch aufpassen und jetzt Maßnahmen ergreifen, damit dies so bleibt. 3. Wir müssen Stada fit machen für harte Zeiten, die vor uns liegen.“
Bereits in der Hauptversammlung im Juni hatte der Vorstandsvorsitzende Retzlaff den Aktionären mitgeteilt, dass das Umfeld der Gesundheitspolitik in Deutschland derzeit schwierig und gerade der Generika-Markt in besonderem Maße dem Preisdruck der Krankenkassen ausgesetzt sei. „Unsere deutschen Vertriebsgesellschaften werden in diesem Jahr Rekordsummen in zweistelliger Millionenhöhe an die Krankenkassen als Rabatt überweisen“, kritisierte Retzlaff. Die Zahlen des ersten Quartals im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stützten diese negative Einschätzung: Der Umsatz sank um sechs Prozent, der Konzerngewinn sogar um 20 Prozent.
Im Juni zeigte sich das Führungsgremium dennoch optimistisch: Ungeachtet eines voraussichtlich rückläufigen ersten Halbjahres bestehe „unverändert die prinzipielle Chance, bei einer Erholung des Geschäftsverlaufs im zweiten Halbjahr für das Gesamtjahr 2009 noch Wachstum bei Umsatz und Konzerngewinn erzielen zu können“. Die 250 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abgaben des abgelaufenen Geschäftsjahres seien dann noch erreichbar – also ein Niveau wie 2008, in dem der Medizinkonzern die 13. Rekordbilanz in Folge präsentiert hatte.
Worum es in dem nun vom Vorstand angekündigten Sparprogramm geht und wie die Erträge verbessert werden sollen, blieb am Montag weitestgehend unklar; ab September soll eine externe Unternehmensberatung nach Möglichkeiten zur Kostenreduzierung suchen. Es sickerte jedoch durch, dass unter anderem die Arbeitszeit von derzeit 37,5 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich auf 40 (mit bis zu 48 Stunden bei Bedarf) heraufgesetzt werden soll, dass die Mitarbeiter mit einem außertariflichen Vertrag kein Urlaubsgeld mehr bekommen und auch Fortbildungen gestrichen werden sollen. Wem das nicht passe, soll der Vorstand gesagt haben, der könne ja gehen. Immerhin: Von Entlassungen oder Stellenabbau war keine Rede. Im Gegenteil: An der Friedberger Straße in Dortelweil entsteht derzeit ein neues Büro- und Laborgebäude. Das Pharmaunternehmen will damit auch die insgesamt 919 Arbeitsplätze am Standort Bad Vilbel sichern.
Seit rund sechs Wochen verhandeln Betriebsrat und Geschäftsführung über eine neue Betriebsvereinbarung, die noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll. „Die jetzige Betriebsversammlung sollte doch nur dazu dienen, uns einzuschüchtern“, schimpfte ein Mitarbeiter am Montag. Und er fügte leise hinzu: „Das ist denen da oben auch gelungen. Ich habe das bittere Gefühl, nur noch ein Kostenfaktor zu sein.“ (fnp)