
Karben. Als jüngster Motorradfahrer hat Tristan Duchscherer die Welt umrundet. Es fehlt nur noch die Bestätigung von Guinness World Records. Am 31. Januar ist er wieder in Petterweil angekommen, am 1. Februar folgte sein Motorrad. Auf der Reise hat er viel erlebt, und irgendwann ging es nicht mehr nur darum, den Weltrekord zu brechen.
Unglücklich mit seiner Lage, hat sich Tristan Duchscherer 2023 dafür entschieden, mit einem Motorrad die Welt zu umrunden. Sechs Wochen Vorbereitungszeit gönnte er sich – in denen er sich ein chinesisches Visum besorgte, ein Motorrad kaufte, seinen Job als Industriemechaniker kündigte und sich mit Guinness World Records in Verbindung setzte. Denn Duchscherer wollte den Rekord knacken, als jüngster Mann die Welt auf seinem Motorrad zu umrunden. Dieser liegt bei Kane Avellano, der einen Tag vor seinem 24. Geburtstag wieder zu Hause ankam.
Durch 30 Länder
gereist
Für Duchscherer ging es am 1. September 2023 los; mit einem groben Plan, wo er langfahren wollte, und vollgepacktem Motorrad. 17 Monate später, am 1. Februar 2025, sollte er mit seinem Motorrad wieder in Petterweil ankommen – 22 Jahre, zehn Monate und sechs Tage alt. Durch 30 Länder ist er gereist und hat rund 60 000 Kilometer zurückgelegt. Gekostet hat der Rekord circa 25 000 Euro, bezahlt von ihm und seiner Familie.
Anfangs hat sich der damals 21-Jährige noch kleine Ziele gesteckt, denn obwohl er den Rekord knacken wollte, war er nicht sicher, ob er es schafft. So wollte er es erst nur bis in die Türkei schaffen. »Ab Rumänien habe ich dann gesagt, ich fahre nach Georgien.« In Georgien angekommen, musste Duchscherer das erste größere Problem lösen. Denn sein Plan, über Aserbaidschan nach Usbekistan zu fahren, fiel ins Wasser – Aserbaidschan hatte alle seine Landgrenzen geschlossen. »Ich musste eine Entscheidung treffen, die unumkehrbar war.« Also verbrachte der Motorradfahrer 30 Tage in Georgien, von denen er 15 Tage auf sein dreitägiges Transitvisum durch Russland wartete – ohne Pass. An die Fahrt durch Russland hat Duchscherer die schlechteste Erinnerung. »Dreimal bin ich auf der Fahrt von der Militärpolizei vom Motorrad gerissen worden. Die sind vermummt, tragen schusssichere Westen und schreien einen auf Russisch an. Sie hielten mir das Gewehr ins Gesicht. Ich habe gedacht, ich sterbe.« Die kasachische Grenze zu überqueren, war eine Erleichterung. Die »Leute lächeln einen an – und teilen ihren Wodka«, erzählt Duchscherer schmunzelnd. Damals war er keine zwei Monate unterwegs, inklusive der Zwangspause in Georgien. »Am Anfang ging es schnell. Ich habe gedacht, dass ich das in einem Jahr schaffen kann.« Dann wurde es Winter. »Es war unfassbar kalt in der Steppe in Kasachstan. Minus sieben Grad an den schlimmsten Tagen.« 15 Tage dauerte es, bis er die Steppe hinter sich lassen konnte.
Monate
in Südostasien
In China gestaltete sich nicht nur die Einreise schwierig. »Ich hatte einen Guide, einen Fixer, der mich durch das Land begleitet hat.« Das Tanken ging nur mit Gesichtserkennung. Über Ostchina ging es dann nach Vietnam. »Ich bin in Hanoi steckengeblieben.« Dieses Mal aber freiwillig – für 30 Tage. Auch Thailand hat es ihm angetan. Nicht nur Neujahr hat Duchscherer dort gefeiert, sondern sich für 55 Tage treiben lassen. »Südostasien hat mir den Wind aus den Segeln genommen. Da wurde mir klar, dass das mit dem Jahr nichts wird.« Er verbrachte bis zu einer Woche an einem Ort – ein starker Kontrast zu den ersten Monaten, wo jeder Tag ein Reisetag war. Damit hat sich auch seine Sicht auf die Fahrt verändert. »Am Anfang ging es mir nur um den Weltrekord. Am Ende habe ich den Rekord nur noch als Gerüst verwendet, nicht als Ziel.« Erst im Mai 2024 sollte Duchscherer Südostasien wieder verlassen.
Von Indonesien aus ließ er sein Motorrad nach Kanada verschiffen. Anderthalb Monate hätte das dauern sollen – fünf Monate wurden es. Fast hätte Duchscherer an dieser Stelle aufgegeben. »In Kanada fing es mit dem Heimweh an.« Für den Weltrekordversuch musste Duchscherer aber Chile erreichen. Denn eine Bedingung von GWR war, dass er Antipoden durchkreuzt. Das sind Orte auf der Erde, die sich genau gegenüber liegen. In China reiste er dafür durch Wuhai. Um diese Regel zu erfüllen, musste Duchscherer Valdivia in Chile erreichen. Als Backup suchte er sich Wuxuan und Antofagasta aus. Das wollte er noch schaffen. Auf direkter Linie ging es also die amerikanische Ostküste hinunter, durch Mittelamerika bis nach Südamerika.
»Eigentlich ging alles gut. Aber in Guatemala ist mir dann mein Motorrad kaputtgegangen.« Ein Pick-up schleppte ihn bis nach Guatemala-City ab. Für die 350 Kilometer brauchten sie acht Stunden. Ein Blick auf die Strecke macht klar, warum es so lange dauerte. »Es ist nur eine Straße und die Brücken sind nur einspurig. Vor jeder Brücke steht man ungefähr eine Stunde im Stau.« In der Hauptstadt angekommen, ging die Ersatzteilsuche los, denn Originalteile gab es nicht, aber baugleiche.
In Panama musste sich Duchscherer nochmals von seinem Motorrad trennen. Denn auf einem 80 Kilometer langen Stück zwischen Panama und Kolumbien gibt es keine Straße. »Ich bin gesegelt, mein Motorrad geflogen.« In Südchile angekommen, hätte er nach Hause gekonnt. »Aber ich war so nah am südlichsten Punkt, den man befahren kann, dass ich da auch noch hinwollte.« Von dort ging es dann aber wirklich nach Buenos Aires und zurück nach Petterweil. Tristan Duchscherer hat alle Kriterien erfüllt, um den Weltrekord anerkannt zu bekommen. Sobald er alle Beweise wie GPS-Daten und Bilder eingereicht hat, liegt es an GWR, dies zu prüfen und ihm den Weltrekord zuzuschreiben.
Und nun? Erst mal bleibt das Motorrad stehen. »Wenn es nicht sein muss, will ich nicht damit fahren.« Aber eine weitere Reise kann Duchscherer sich doch vorstellen, denn Afrika ist noch ein weißer Fleck auf seiner Karte. Vielleicht nach seinem Bachelor in Wirtschaftsingenieurwesen.
»Ich habe einem Freund versprochen, mit ihm von Kap zu Kap zu fahren.« Von Jennifer Ningel