Bad Vilbel. Seit zweieinhalb Wochen ist die Frankfurter Straße offiziell für den Verkehr freigegeben. Restarbeiten an Bad Vilbels Dauerbaustelle stehen noch aus. Schon jetzt gibt es erste Kritik an der Anzahl der Poller, an Stolperfallen und den aufgestellten Bänken. Ist das gerechtfertigt?
Mittlerweile herrscht wieder das gewohnte Bild in der Frankfurter Straße. Die Autos fahren vom Südbahnhof kommend in die Einbahnstraße ein. Keine Umleitungen mehr. Die Großbaustelle ist Geschichte. Nur an die neue vorgeschriebene Geschwindigkeit von Tempo 20 haben sich noch nicht alle Verkehrsteilnehmer gewöhnt.
Fünf Jahre lang hat das Projekt »Attraktivierung der Frankfurter Straße« Anwohner, Gewerbetreibende und die städtischen Mitarbeiter beschäftigt. Neun Millionen Euro – 2,5 davon aus Hessentags-Fördergeldern von 2020 – hat die Maßnahme gekostet. Es wurde neu asphaltiert, die Gehwege neu gemacht – auch die Stichstraßen zur Nidda wurden umgestaltet.
Kaum war die Straße vor rund zwei Wochen freigegeben, tauchten in den sozialen Netzwerken erste Beiträge auf: »Zu viele Poller«, »Wo sind die Parkplätze hin?« Gerade am Anfang der Straße sei das ein großes Problem. Der städtische Pressesprecher Yannick Schwander erklärt: »Der Abstand der Poller wurde so gewählt, dass ein Parken auf dem Gehweg nicht möglich ist. Wir mussten leider in der Vergangenheit feststellen, dass bei zu geringem Abstand die Zwischenräume als Parkplätze genutzt wurden – nach dem Motto ›Ich muss doch nur mal schnell Brötchen holen‹.« Die Gehwege seien schließlich für Fußgängerinnen und Fußgänger da und nicht als Kurzzeitparkplatz zu nutzen. »Gerne hätten wir auf die Poller verzichtet, allerdings wissen wir aus langjähriger und leidvoller Erfahrung, dass es ohne sie leider nicht geht.«
Die Parkplatzsituation ist der Stadt bekannt. Schwander weiter: »Weggefallene Parkplätze gibt es im Bereich zwischen Südbahnhofkreisel und Wiesengasse. Die Kopfparkplätze an dieser Stelle haben in der Vergangenheit durch das Rückwärtsausparken zu merklichen Verkehrsbehinderungen geführt. Deshalb gab es schon vor Jahren von den Verkehrsplanern die Empfehlung, das zu ändern. Außerdem wurde mit der Verlängerung und Verbreiterung des Radwegs bis zum Kreisverkehr eine Maßnahme aus dem Radverkehrskonzept umgesetzt. Das hat zur Folge, dass auch auf dieser Seite keine Kopfparkplätze mehr möglich sind. Zudem wurde noch ein Parkplatz für mobilitätseingeschränkte Personen installiert. Diese Parkplätze haben wir so gleichmäßig über die gesamte Einkaufsstraße verteilt.«
Termin mit dem
Gewerbering
Ebenfalls in der Kritik: die neuen Sitzgelegenheiten. Die Bänke zeigen jetzt in Richtung Geschäfte – und nicht mehr in Richtung Straße. Der »Attraktivierung« ist ein Freiflächengestaltungskonzept des Büros »Albert Speer & Partner« vorausgegangen. Dieses Konzept beschäftigte sich unter anderem auch mit der Stadtmöblierung. Schwander weiter: »Bei einem Termin mit dem Gewerbering in diesem Jahr wurde besprochen, an welchen Standorten welches Mobiliar installiert wird.
Stolperfallen
wirklich Geschichte?
Bei den Bänken hat man sich für eine Positionierung entschieden, die ein sicheres Aufstehen ermöglicht, ohne dass man Gefahr läuft, auf die Fahrbahn zu gelangen, zum Beispiel durch Stolpern oder andersartige Begebenheiten. Auch sollten die Füße nicht im Fahrbahnrand hängen.«
Das stößt nicht bei allen auf Gegenliebe. Elena Wolf, Inhaberin eines Geschäfte in der Frankfurter Straße sagt, dass die Sanierung für alle Gewerbetreibenden eine große Herausforderung gewesen sei. Bei der Planung sei ausschließlich der Gewerbering miteinbezogen worden. »Somit waren die Nicht-Mitglieder gar nicht in die Planung involviert. Was ich mit am schlimmsten finde ist, dass bei einer gemeinsamen Begehung von der Stadt und dem Gewerbering ohne Rücksprache der betroffenen Geschäfte entschieden wurde, wo Fahrradständer und Bänke aufgestellt werden.« Sie habe den Kontakt zum Bürgermeister gesucht. »Die Bank vor unserem Laden wurde dann glücklicherweise abgebaut.«
Karen Schulz, Inhaberin der Buchhandlung »Das Buch«, zieht ein positives Fazit. »Die Bauphase hat uns glücklicherweise nicht so sehr getroffen. Die Kunden sind gekommen.« Die Stolperfallen seien größtenteils beseitigt. Gut sei, dass die Bäume, an denen noch gearbeitet werden müsse, noch einmal gesichert wurden. »Dort kam es am Anfang zu Stürzen.«
Auch das sehen längst nicht alle so. Seniorenbeiratsmitglied Claus Metz berichtet von »empörten Rollatorpflichtigen Vilbelern«. Bei einem Spaziergang durch die Straße sei das Sicherheitsgefühl »verheerend«. Ans Schaufenster gucken sei nicht zu denken. »Insgesamt wirkt die Pflasterung an den vielen Übergängen eher gepfuscht.« Gemeint sind damit vor allem die Hofeinfahrten zwischen den Geschäften.
Pressesprecher Yannick Schwander erklärt: »Aus der Vergangenheit wissen wir, dass insbesondere bei Grundstücksein- und -ausfahrten große Schwerkräfte auf den Untergrund einwirken. Aus diesem Grund wurden die entsprechenden Bereiche mit sogenannten Tiefbordsteinen eingefasst, um ein Verschieben der Pflastersteine zu verhindern, denn dieses hätte unweigerlich zu mehr und vor allem schlimmeren Stolperfallen geführt, wie die Oberfläche vor der Attraktivierung zeigte.« Mit der Zeit werde sich das Pflaster setzen. »Dies zeigen die bereits seit Längerem fertiggestellten Bereiche, zum Beispiel am Marktplatz.«
Auch der Seniorenbeiratsvorsitzende Klaus Arabin sagte kürzlich im Gespräch mit dieser Zeitung, dass Experten bestätigen würden, dass sich das Pflaster mit der Zeit senken werde. Der Seniorenbeirat sei jedenfalls froh, dass »die Baustelle soweit abgeschlossen wurde«. Die lange Bauzeit habe alle Beteiligten strapaziert und genervt. »Der Platz ist begrenzt und mehr Raum zur besseren Aufenthaltsqualität ging aus guten Gründen zu Lasten des Autoverkehrs. Auch die Begrenzung der Geschwindigkeit auf 20 km/h und die Trennung von Fahrbahn und Bürgersteigen durch Poller erhöht die Sicherheit für alle, die zu Fuß unterwegs sind. Zugleich ergibt sich eine Minderung des motorisierten Durchgangsverkehrs.« Über die unter anderem bei der Abnahme festgestellten Mängel sei der Seniorenbeirat im Gespräch mit der Stadt.
Verkehrskontrollen
gefordert
Jochen Lukarsch ist Vorsitzender des Gewerberings. Er hat größtenteils positive Rückmeldungen erhalten. Das Gemeckere gerade in den sozialen Netzwerken könne er nicht nachvollziehen. »Viele wissen gar nicht, wie gut es uns geht.« Die Straße sei wieder frei, 16 Pflanzkübel sollen im Frühjahr noch aufgestellt werden. Dass sich zu viele Autofahrer nicht an die 20 km/h halten würde, müsse stärker kontrolliert werden. Und auch wenn es regelmäßige Baustellenbesprechungen gab und Lukarschs Stellverteter Steffen Kreiling im Baustellenmarketing dabei ist, sagt Lukarsch: »Das größte Problem, das ich bei der Stadt sehe, ist die Kommunikation. Das war am Ende besser – hätte aber von Anfang an so sein müssen.« Dennoch müsse man die ganzen Vorteile sehen. Das Endergebnis könne sich jetzt schon sehen lassen. »Uns geht’s eigentlich echt gut.«
Von Patrick Eickhoff