Bad Vilbel. Die Backstage-Führungen auf dem Bad Vilbeler Markt erfreuen sich großer Beliebtheit. Schausteller gewähren bei den Führungen Besucherinnen und Besuchern spannende Einblicke in ihren Alltag und hinter die Kulissen.
Der Bad Vilbeler Markt gehört zu den Besuchermagneten in der Region. Auf dem Festplatz bilden 97 Stände, davon neun Groß- und zehn Kinderfahrgeschäfte, 30 Kram-markt- und 48 weitere Stände eine eigene kleine Welt. Marktmeisterin Stefanie Kunert begrüßte gemeinsam mit den Schaustellern Niklas Roie und Joel Kaiser am Montag 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Backstage-Führung über den Markt.
Erste Station des Rundgangs war die »Kita für Kinder beruflich Reisender«. Dort wurde die Gruppe von den beiden Erzieherinnen Jana Roth und Elisa Fröhlich begrüßt. Sie betreuen zweimal wöchentlich auf dem Vilbeler Festplatz zehn Kinder im Alter von eineinhalb bis sechs Jahren. Hessen ist mit diesem besonderen Kita-Angebot Vorreiter in Deutschland, zwei weitere Bundesländer wollen nachziehen. Oft scheitere das Angebot an der Finanzierung, berichteten die Erzieherinnen. »In Hessen sind der Evangelische Verein für Innere Mission in Nassau und das Ministerium für Soziales und Integration die Träger der Kita und der Schule für Kinder beruflich Reisender in Hessen.«
Unterrichtet wird in der Schule vom ersten Schuljahr bis zum Abitur, und danach besteht die Möglichkeit zu einer mobilen Ausbildung in verschiedenen Berufen. Stolz berichteten die Erzieherinnen, dass ein Absolvent ein Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,0 bestanden hat, was viel über die Qualität der Ausbildung und Betreuung sage.
Steuerung
automatisiert
Einblicke hinter die Kulissen seines Fahrgeschäfts »Break Dancer« gewährte Alexander Schramm. Er hat das Karussell 2018 und 2019 auf die neu geltenden Normen umgerüstet. Die Gondeln sind im neuen Design und mit neuen Sicherheitsvorkehrungen ausgerüstet, damit auch kleinere Kinder ohne Gefahr die Fahrt genießen können. »Jeden Tag werden unsere Gondeln mit hitzebeständigem Fett im Wert von 120 Euro geschmiert.« Die Steuerung von Karussell, Beleuchtung, Lasershow, Blitzer und Feuerfontänen sind dank modernster Technik automatisiert. »Der Break Dancer wiegt stolze 98 Tonnen, ein Bolzen bringt 180 Kilogramm auf die Waage, und die Rückwand besteht aus 80 Teilen. Jeder Transport auf Anhängern und Auslegern muss als Sonderfahrt angemeldet werden, berichtet Klaus Eiserloh, dem der Autoscooter gehört. »Unsere Lkw mit Anhänger sind mehr als 25 Meter lang. Die Gebühr für jede Fahrt liegt zwischen 200 und 300 Euro. Die Route wird vorgeschrieben.« Der mehr als eine Million Euro teure Autoscooter wird mit Hilfe eines Krans auf zwei Anhänger gehoben. Für Auf- und Abbau benötigt der Schausteller bis zu zwei Tage.
Hohe Kosten
erfordern Kalkül
Ein Fahrzeug kostet 7000 Euro und muss nach spätestens zehn Jahren ausgewechselt werden. 24 Autos mit sechs Fahrstufen und einer Leistung von 80 bis 110 Volt fahren über die Scooter-Fläche. Angesichts der hohen Kosten müssen die Schausteller genau rechnen. »Heute sind wir auf 14 Veranstaltungen vertreten, früher waren es 25 im Jahr.«
Melissa und Alexander Markurth leben mit ihren beiden Jungen das ganze Jahr über im Wohnwagen. An ihrem Schießstand können Besucher auf verschiedene Ziele schießen. »Wir sind beim Foto-Schießen der einzige Anbieter im Rhein-Main-Gebiet.« Bei kleineren Kindern beliebt ist das Trampolin »Beach Jumping« von Niklas Roie, hoch hinaus geht es dagegen für Besucherinnen und Besucher in einer der 36 Gondeln des Riesenrads von Hans Göbel. Es ist 48 Meter hoch und gewährt einen tollen Blick über Bad Vilbel. Das 2017 gebaute Riesenrad kostet vier Millionen Euro, verladen wird es auf drei Schwertransporter. »Mit Personal- und Wohnwagen sind wir dann immer mit neun Transportern unterwegs«, informiert Hans Schwab, dessen Familie seit 1890 im Gewerbe ist. Auch bei allen anderen Schaustellern ist in Bad Vilbel derzeit die vierte oder fünfte Generation auf dem Markt vertreten. »Himmlische Früchte« stellt Wolfgang Eiserloh mit seinem Team täglich her. Kulinarische Träume erfüllt auch Patrick Drexel mit seinem Team am Altstadt- Schwenkgrill und kredenzt gleich nebenan in der Altstadt-Schänke Getränke.
»Wir Schausteller werden ins Gewerbe hineingeboren. Wir verfügen neben unserem Kerngeschäft über viele weitere Fähigkeiten und Kenntnisse, da wir nicht warten können, bis ein Monteur kommt, da das Volksfest laufen muss. Auch gegenseitige Hilfe wird großgeschrieben.«
Von Christine Fauerbach