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Mit Olympiasiegerin in einer Wohnung

Paris/Bad Vilbel. Yvonne Li hat eine turbulente Woche bei den Sommerspielen in Paris hinter sich. Die sechsfache Deutsche Einzelmeisterin, die in der Badminton-Bundesliga für den SV Fun-Ball Dortelweil aufschlägt, kann auf interessante Begegnungen mit Olympiasiegerinnen zurückblicken. Und das nicht nur in sportlicher Hinsicht. In ihrem ersten Match in der Damen-Konkurrenz hatte sie es mit der Chinesin Chen Yu Fei zu tun, die vor drei Jahren in Tokio Gold gewann.
Ihr Apartment im olympischen Dorf in Saint Denis teilt sich Li indes mit zwei deutschen Kanuslalom-Athletinnen. Darunter ist auch Ricarda Funk, die ebenfalls 2021 in Japan im Einer-Kajak ganz oben auf dem Podest stand.
Aufgrund einer verletzungsbedingten Pause verpasste die beste deutsche Einzel-Spielerin im Frühjahr zunächst die Badminton-EM und anschließend auch noch das Final-Four-Turnier der Bundesliga in Bad Vilbel, bei dem sich der SV Fun-Ball Dortelweil zum Deutschen Mannschaftsmeister krönte. Immerhin konnte sie im Kongresszentrum Vilco Mitte April dabei sein, als Kai Schäfer und Co. den größten Erfolg der Vereinsgeschichte in trockene Tücher wickelten. »Im Hinblick auf Olympia war es die richtige Entscheidung, auch wenn es unfassbar bitter war, diese Events zu verpassen«, sagt Li rückblickend.
Sie schonte ihr Knie und arbeitete auf Paris hin, wo sie sich nun seit Dienstag der vorigen Woche befindet. Ein erstes Highlight war die Eröffnungsfeier am Freitag, bei der Li auf dem Boot der deutschen Delegation über die Seine schipperte und einmalige Eindrücke aufsaugen konnte.
Auch der sportliche Auftakt in der schweren Vorrundengruppe P konnte sich sehen lassen. Sie nahm der Weltranglisten-Zweiten immerhin einen Satz ab und hielt lange mit. Nach einer Stunde hatte die Chinesin dann ihren Matchball zum 21:14, 17:21, 21:9 verwandelt. Li selbst ist im weltweiten Ranking auf Position 36 zu finden.
»Es war eine phänomenale Atmosphäre in der Halle und unfassbar laut. Ich konnte meinen Trainer kaum verstehen«, resümierte die 26-Jährige. In der neu erbauten Arena Porte de la Chapelle im Nordosten von Paris waren die Zuschauer völlig aus dem Häuschen. Das lag vor allem daran, dass zeitgleich mit Li am Sonntag ein französisches Doppel auf dem Court stand.
»Yvonne war gut vorbereitet. Sie hat sich gut bewegt, auch schon im ersten Satz. Im zweiten Satz hat sie gemerkt, dass sie sich auf dieser Seite wohler fühlt – um dadurch mehr in den Angriff zu gehen, was dann auch erfolgreich war. Schließlich hat sie sich mit dem Satzgewinn dafür belohnt«, sagte Chefbundestrainer Hannes Käsbauer auf der Homepage des Deutschen Badminton-Verbands. »Der dritte Satz ist denkbar unglücklich gestartet. Das lag ein bisschen auch an der Seite, weil da der Angriffsmodus nicht ganz so erfolgreich gewirkt hat, aber natürlich auch, weil die Olympiasiegerin von Tokio angezogen hat«, begründete der Coach.
Weiter ging es in Paris für Yvonne Li, die ab September in Dortelweil in ihre dritte Saison geht, am 30. Juli (nach Redaktionsschluss) gegen Mia Blichfeldt. Die Dänin ist in der Weltrangliste drei Plätze besser notiert. Nur die Gruppensiegerin des Trios qualifiziert sich für die nächste Runde.
Im Dorf mit
den Superstars

An spielfreien Tagen pendelt Yvonne Li zwischen der Trainingshalle, die direkt neben der Wettkampfstätte liegt, dem olympischen Dorf und dem Deutschen Haus. Mehrere Krafträume stehen ihr zur Verfügung. Mit Ricarda Funk und Elena Lilik teilt sie sich eine Wohnung, jede Sportlerin hat aber ihr eigenes Zimmer. Im Dorf sieht man natürlich den einen oder anderen Superstar aus anderen Sportarten. Ein Gespräch kam bislang nicht zustande. »Um hinzugehen und die Leute anzusprechen, bin ich zu schüchtern, glaube ich«, erklärt Li. Sie konzentriert sich lieber auf ihre Wettkämpfe. Und sollte am Dienstag wirklich Schluss sein, könnte sie immerhin noch drei Tage im Dorf wohnen. »Vielleicht bleibt dann noch Zeit, um bei anderen Wettkämpfen zuzuschauen.«
Der Franzose Christo Popov – ebenfalls in Diensten des SV Fun-Ball Dortelweil – ist in Paris im Doppeleinsatz. An der Seite seines Bruders Toma Junior Popov verlor er die beiden ersten Matches. (CSO)