Karben. Das Archiv des Karbener Geschichtsvereins ist eine Fundgrube für historisch interessierte Bürgerinnen und Bürger. Hier wird gesammelt und aufbewahrt, was die Menschen und Vereine in der Stadt und den Ortsteilen bewegte, worüber geschrieben, geforscht und berichtet wurde.
Normalerweise ist das Archiv des Geschichtsvereins eine Oase der Ruhe. Das liegt in der Natur der Sache, denn die Suche nach Dokumenten, historischen Aufsätzen und Fotos ist, ob analog oder digital, in der Regel ein schweigsamer Vorgang. Aber wenn Bürger am Öffnungstag vorbeischauen, kann es schon einmal lebhafter zugehen. »Wir haben gehört, dass es über Kloppenheim eine Menge alter Fotos geben soll und das interessiert uns«, sagen Klaus und Ingrid Schwab. Denn sie möchten gerne wissen, ob die alte Gartenmauer ihres Gemeinschaftgrundstückes schon vor dem Bau des Hauses stand, in dem sie jetzt wohnen. »Vielleicht ist die Mauer der verbliebene Teil einer Scheune, die auf dem Nachbargrundstück stand und abgerissen wurde«, mutmaßen sie. Hilfreich wären also historische Aufnahmen aus ihrer Straße.
Nicht alles ist im Archiv des Geschichtsvereines digitalisiert, vor allem nicht, wenn die Einlieferung noch nicht so lange her ist. So setzt ihnen Archiv-Mitarbeiter Lothar Beier einen Karton mit Fotos auf den Arbeitstisch. »Das können Sie hier in aller Ruhe durchsehen«, sagt er und verspricht, in der Datenbank zu prüfen, ob es alte Grundstückspläne aus Kloppenheim gibt. Schnell stößt er dabei an die Grenzen des Suchsystems der Datenbank, denn sie wurde aufgebaut in den Gründungsjahren des Archives. Das war 1996, als Helmut Heide noch Vorsitzender des Geschichtsvereins war.
Buchstabe
um Buchstabe
»Wir haben in unserer Datenbank 25 000 Einträge«, sagt Beier und ruft an seinem Computer die Seite mit der Archivierungssystematik auf. Unter A finden sich allgemeine Nachschlagewerke, aber auch Rollen mit Urkunden und Flurkarten. Unter B sind Museumsschriften erfasst, K umfasst Karben mit Unterstichworten wie Rendel, 1200 Jahrfeier, Karten, Heimatkunde, Beiträge zur Geschichte, Robert Blum. Erfasst sind immer Autorenname, Herausgeber und Einlieferungsdatum. So geht es weiter, Buchstabe um Buchstabe, Nummer für Nummer, und so finden die Archivmitarbeiter in den Regalen dann das, was sie suchen.
Über die Jahre haben sich eine Unmenge von Büchern, Vereinsschriften, Themenschriften, Sammelordnern und Dokumenten in Schrift und Bild eingefunden. Sie füllen die Regale in den beiden rückwärtigen Archivräumen. Viel Arbeit also für das dreiköpfige ehrenamtliche Team, bestehend aus Lothar Beier, Jürgen Hintz und Wolfgang Schlicht. So muss zum Beispiel das kürzlich übernommene Archiv des Arbeitskreises Petterweiler Geschichte(n) eingegliedert werden. »Wir wünschen uns dringend eine personelle Verstärkung«, ist sich das Archivteam einig und hofft auf jemanden, der mit Computer und moderner Software umgehen kann.
»Wir wissen, dass wir in unseren Räumen einen Schatz haben, aber er ist nicht so digitalisiert, dass wir ihn gut nutzen und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen können«, bedauert Schlicht. So fehle etwa die Verschlagwortung, denn mit dem Titel eines Werkes, einer Aufsatz- oder Dokumentenüberschrift lasse sich oft wenig anfangen. Nötig wäre also dringend eine moderne Archivierungssoftware. »Wir sind da dran, prüfen und überlegen, ob das Archivinformationssystem des Hessischen Staatsarchives geeignet ist«, sagt Hintz, Vorsitzender des Geschichtsvereins.
Ganz analog sind die beiden Kloppenheimer Bürger in ihre Suche vertieft. Was sie zu finden hoffen, haben sie noch nicht gefunden. Aber eine Videokassette, die in dreifacher Ausführung vorhanden ist und einen Ortsspaziergang durch das alte Kloppenheim verspricht, dürfen sie ausleihen. Begeistert ist Ingrid Schwab über ein ganz anderes Fundstück: Ein altes Foto, auf dem sie als Kind zu sehen ist bei der Eröffnung des Kloppenheimer Kindergartens 1967 durch Landrat Erich Milius. »Das müssen wir gleich vermerken«, sagt Schlicht und freut sich: Denn jetzt hätten sie Namen, Anlass und Ort zu dem Foto. Das fehle leider oft bei Nachlässen, die ihnen gebracht werden.
Das Archiv des Karbener Geschichtsvereins befindet sich in den Kellerräumen unter der Kfz-Zulassungsstelle in Petterweil, Sauerbornstraße. Die Einsichtnahme in das gesammelte Archivgut zur Geschichte Karbens, seiner Stadtteile und der Region ist jeden Donnerstag von 9 bis 12 Uhr möglich. Kontaktaufnahme ist telefonisch möglich unter den Nummern 0 60 39/9 58 93 (Jürgen Hintz) oder 0 60 39/74 39 (Wolfgang Schlicht). Von Anne-Rose Dostalek