Karben. In Karben geht eine Ära zu Ende. »Nach langen Abwägungen und schweren Herzens« löst sich der Arbeitskreis Petterweiler Geschichte(n) auf, wie Ulrike Wiegand bei der Übergabe der wertvollen Sammlung historischer Fotos an den Karbener Geschichtsverein sagte. Was sind die Gründe für die Auflösung?
Wenn man in Petterweil über Tradition spricht, darf der Arbeitskreis Petterweiler Geschichte(n) nicht unerwähnt bleiben. Mit ihrer Sammlung an historischen Fotografien, Reproduktionen und Momentaufnahmen vom Dorfleben haben die Foto-Chronisten um Ulrike Wiegand so manche Ausstellung zu etwas Besonderem gemacht. Immer waren es die Petterweiler Einwohnerinnen und Einwohner selbst, die den Arbeitskreis mit Spenden und Bildern aus privaten Fotoalben unterstützten.
Damit soll jetzt Schluss sein. Nach 32 Jahren werden die übrig gebliebenen Mitglieder zum Jahresende ihre Aktivitäten einstellen. Die wertvolle Bildersammlung geht nach Fristende einvernehmlich in die Obhut des Karbener Geschichtsvereins über. Mehrere Tausend Fotografien finden dann im Petterweiler Archiv eine neue Heimat. Kürzlich fand dort ein Treffen statt, bei dem Ulrike Wiegand die Auflösung öffentlich bekannt gab und zum Abschluss brachte. »Nach langen Abwägungen und schweren Herzens« sei der Beschluss getroffen worden, teilte sie mit. Im Beisein von Bürgermeister Guido Rahn und Ortsvorsteher Dennis Vesper überreichte sie dem Vorsitzenden des Karbener Geschichtsvereins, Jürgen Hintz, das Inventarbuch und unterzeichnete den Übergabevertrag.
Fehlende Räume
für Fotoausstellungen
Seit 1991 veranstaltete der Arbeitskreis insgesamt 27 Fotoausstellungen zu verschiedenen Themen des Petterweiler Lebens. Zuletzt fanden sie immer in Verbindung mit dem Ostermarkt der Landfrauen im »Blauen Salon« des Albert-Schäfer-Hauses statt. Auch in diesem Jahr war bei der Gelegenheit eine Ausstellung geplant. »Aufbruch« sollte ihr Titel sein.
»Leider ist genau das Gegenteil daraus geworden«, musste Wiegand konstatieren. »Schon im Februar mussten wir feststellen, dass unsere bisher genutzten Ausstellungsräume im Bürgerhaus in den nächsten Jahren nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Der Kindergarten musste seine Küche dorthin verlegen.« Daraufhin habe man die laufenden Vorbereitungen abgebrochen und die Ausstellung im Sommer an anderer Stelle teilweise nachgeholt. Fehlende Räumlichkeiten, zu wenig Aktive – beides war für den Arbeitskreis jedoch zu viel, seine Auflösung somit die logische Konsequenz.
Ein Teil des Geschichte(n)erzählens in Petterweil wird jetzt wohl verloren gehen. Doch ein Leben ohne Geschichte will sich Ulrike Wiegand nach 35 Jahren Engagement nicht vorstellen. »Es ist wichtig, dass wir unsere Bilder im Archiv gut aufgehoben wissen«, sagte die Mitgründerin des Arbeitskreises stellvertretend für die restlichen Mitglieder. »Und für mich selbst gesprochen: Ich weiß, dass ich besser loslassen kann, weil es funktionieren wird.«
Den Menschen in Petterweil dankte sie für ihre langjährige Unterstützung. Auch oder gerade weil sie eigentlich Frankfurterin sei. »Ohne die Menschen hier wäre vieles nicht möglich gewesen. Sie haben mir von Anfang an viel Vertrauen und Hilfe entgegengebracht.«
VHS-Kurs war 1990
der Grundstein
Die Chronologie der Fotoausstellungen zeigt deutlich, wie intensiv sich der Arbeitskreis mit Petterweil in all seinen Bereichen und Facetten beschäftigt hat. Von der dritten bis zur 25. Ausstellung (1993 bis 2015) existiert eine durchgehende Nummerierung. Bis dahin gab es also jährlich eine Veranstaltung mit neuem Thema. Dann folgte eine längere Pause bis 2021. In den letzten beiden Jahren stießen die Ausstellungen »70 Jahre Landfrauen in Petterweil« und »50 Jahre Petterweil statt Stadt Karben« erneut auf großes Publikumsinteresse.
Ganz am Anfang, im Jahr 1990, habe ein Volkshochschulkurs den Grundstein für alle weiteren Entwicklungen gelegt, erinnert sich Ulrike Wiegand. »Und der hieß auch Petterweiler Geschichte(n).« Von Jürgen Schenk