Karben. „Um das Jahr 1900 herum waren von den rund 1400 Einwohnern in Groß-Karben etwa 100 jüdischen Glaubens. Wir wollen die Schicksale dieser Menschen bald vorstellen können.“ Hartmut Polzer und Irma Mattner haben die Initiative „Stolpersteine in Karben“ ins Leben gerufen. Mit ihnen soll der früheren jüdischen Karbener gedacht werden, die von den Nazis verschleppt und umgebracht wurden.
Inspiriert wurden Mattner und Polzer durch die Verlegung von Stolpersteinen in Bad Vilbel im Oktober (wir berichteten). Dabei hatte Künstler Gunter Demnig vor jenen Häusern, in denen früher jüdische Menschen wohnten, Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir eingelassen – wie schon in vielen Orten in Deutschland. Die Teilnahme an der Verlegung habe sie emotional berührt, berichten Mattner und Polzer.
„Plötzlich war es so, als hätte man diese Menschen gekannt“, sagt Irma Mattner. Für sie und Hartmut Polzer war dieses Erlebnis der Auslöser, in Karben aktiv zu werden. Auch um etwas für die Generation ihrer Enkel zu hinterlassen, möchte das in Groß-Karben lebende Rentnerpaar Informationen über jüdische Karbener zusammentragen. „Zunächst möchten wir die Initiative anstoßen, dann aber auf eine breite Basis stellen und die Bürger mitnehmen, etwa durch Führungen“, sagt Harmut Polzer.
Zudem haben sie den Geschichtsverein, den Deutsch- Ausländischen-Freundschaftskreis, die evangelische und die katholische Kirche angesprochen und seien auf offene Ohren sowie die Bereitschaft zum Mitmachen gestoßen. Im nächsten Jahr möchten sie an Schulen über ihr Vorhaben informieren. „Bürgermeister Roland Schulz begrüßt die Initiative“, sagt auch Susanne Schubert, die Sprecherin der Stadt Karben. „Das Engagement erfährt unsere Zustimmung, wir unterstützen bei der Öffentlichkeitsarbeit und haben kompetente Ansprechpartner genannt.“
Auf einer Internetseite kann jeder Interessierte nachlesen, welche Informationen Mattner und Polzer bereits zusammengetragen haben. Dabei diente die Dokumentation „Groß-Karben und seine Juden“ von Helmut Weigand – verstorbenes Mitglied des Geschichtsvereins – als Grundlage. Zudem haben sie Kontakt zu Monica Kingreen geknüpft, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt. Der erste Schritt in die Öffentlichkeit sei gezielt über das Internet erfolgt, um auch junge Menschen zu erreichen.
Nachweisbar ist, dass zahlreiche jüdische Bürger in der Bahnhof- und der Heldenberger Straße sowie in benachbarten Straßen in Groß-Karben wohnten. Zum Beispiel wurde Isidor Kahn aus der Bahnhofstraße 31 am 27. September 1942 im Alter von 81 Jahren ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er starb. Seine Nichte Bella Vogt kehrte nach ihrer Befreiung aus Theresienstadt am 26. Mai 1945 in dieses Haus zurück, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. Wenn alle Recherchen beendet sind, soll Demnig die Stolpersteine in Karben verlegen. Für diese kann jedermann Patenschaften übernehmen und 95 Euro für jeden Stein übernehmen.
Kontakt zu Irma Mattner und Hartmut Polzer unter Telefon (0 60 39) 46 94 95. Mehr über die Initiative im Internet unter www.stolpersteine-in-karben.de