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Kirche zu den Menschen bringen

Sie ziehen Bilanz für 2022 und blicken auf 2023 (von links): Eckart Dautenheimer, Ina Lauster-Ulrich und Simba Burgdorf. Foto: Holger Pegelow
Sie ziehen Bilanz für 2022 und blicken auf 2023 (von links): Eckart Dautenheimer, Ina Lauster-Ulrich und Simba Burgdorf. Foto: Holger Pegelow

Karben. Was ist gut, was weniger gut gelaufen? Welche Angebote sind angenommen worden und auf welche kann man im neuen Jahr verzichten? Wenn in Kürze die Verantwortlichen der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Karben zusammenkommen, werden sie diese und andere Fragen beantworten. Denn im Jahr 2022 fanden erstmals seit der Fusion fast alle Angebote in Präsenz statt.
Für die evangelische Kirche in Karben hat sich vieles verändert. Wegen der Corona-Pandemie ist es aber zunächst weniger aufgefallen, weil das ansteckende Virus viele Aktivitäten unmöglich gemacht und die Beschäftigung mit Krankheit viele andere Themen nach hinten gedrängt hat.
So ist in der Öffentlichkeit eher erst mal weniger bis gar nicht wahrgenommen worden, dass die evangelischen Gemeinden der Stadtteile sich – bis auf Petterweil – zu einer Gesamtkirchengemeinde zusammenschließen mussten. Denn weil auch hier, wie bei den Katholiken, immer weniger »Schäfchen« gezählt werden, setzt die Landeskirche auf Zusammenschluss und Zusammenlegung. Das bedeutet: Nicht mehr in jedem Stadtteil gibt es jeden Sonntag einen Gottesdienst. Das bedeutet aber auch: neue, zentrale Angebote.
Im Jahr 2022 konnten die Verantwortlichen erstmals ausprobieren, wie die verschiedenen Angebote angenommen worden sind.
Selbstkritik: Zu viele Veranstaltungen
»Wir sind noch in der Phase des Try and Error«, sagt Pfarrer Eckart Dautenheimer. Anfangs seien auch Fehler gemacht worden, man habe gefühlt im alten Trott weitergemacht. Dabei habe sich Kirche verändert. Für die Gläubigen bedeute das, die kirchlichen Angebote nicht nur vor Ort in ihrem Ortsteil zu suchen, sondern in der ganzen Stadt. Für die Gesamtkirchengemeinde heiße das aber auch, an einigen Stellen gewohnte Angebote zurückzufahren und neue, zentrale anzubieten. Man müsse allen gerecht werden, sagt etwa der Rendeler Pfarrer Simba Burgdorf dazu. Und zwar denjenigen, die vor Ort seien und Angebote nur vor Ort wahrnehmen könnten, aber auch denjenigen, die mobil seien.
In diesem Sinne haben sich die Angebote der Gesamtkirche Karben geändert, 2022 erstmals richtig spürbar und erlebbar. So hat man etwa zur Advents- und Weihnachtszeit die Zahl der Angebote deutlich erhöht. Das Faltblatt »Karben im Advent« gibt Auskunft über mehr als 40 Veranstaltungen. »Das waren zu viele Termine«, bilanzieren Dautenheimer und Burgdorf. »Das werden wir im Jahr 2023 mehr bündeln«, kündigen sie an.
Eingeschlagen dagegen ist ein neuer Gottesdienst, und zwar am Heiligen Abend auf dem Parkplatz des Rewe-Marktes in Klein-Karben. »Da sind 500 Leute gekommen«, freuen sich die Vorständler. Dieser Gottesdienst zeige, was man in nächster Zeit als Gesamtkirchengemeinde häufiger machen werde: »Einfach mal rausgehen und Kirche zu den Menschen bringen.« Die Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Ina Lauster-Ulrich, ergänzt, dass es in Burg-Gräfenrode einen Weihnachtsgottesdienst in einer Scheune gegeben habe, der mit 200 Besuchern gleichfalls sehr gut angenommen worden sei.
Dagegen gibt es je Stadtteil monatlich nur noch zwei Sonntagsgottesdienste, einen in traditioneller und einen in moderner Weise. Modern ist auch die von den Pfarrern benutzte Bezeichnung für einen Abendgottesdienst, der finde donnerstagsabends statt und habe keine Predigt. Es würden moderne Kirchenlieder gesungen. Er wende sich vor allem an Jugendliche, aber man habe festgestellt, dass die Eltern der Jugendlichen auch gerne daran teilgenommen hätten. »Das ist ein Format, das wir 2023 fortsetzen wollen«, kündigen Burgdorf, Dautenheimer und Lauster-Ulrich an.
Die ehrenamtliche Vorsitzende des Kirchenvorstandes lobt auch die gute Kooperation mit dem Mütter- und Familienzentrum. Diese Kooperation solle fortgesetzt werden. Weniger positiv verlief in Burg-Gräfenrode der »lebendige Adventskalender«. Der sei von den Kindern »nur schleppend angenommen worden«, so Lauster-Ulrich. Konsequenz: Man werde im neuen Jahr weniger Termine anbieten. Als man nämlich nachgefragt habe, habe es geheißen, die Kinder hätten in der Vorweihnachtszeit ebenso wie die Eltern sehr viele weitere Termine.
An Stellschrauben
drehen

Im Jahr 2023 will man laut Simba Burgdorf auch »mehr digital unterwegs sein«. Und man werde die Ehrenamtlichen noch mehr einbinden. Man habe nämlich festgestellt, dass beispielsweise eine sehr geringe Neigung bestehe, für den Kirchenvorstand zu kandidieren. »Da müsste man sich für sechs Jahre binden.« Heutzutage wollten sich die Menschen nicht mehr so lange an etwas binden, sie stünden aber sehr wohl für kürzere Zeiträume zur Verfügung. »Ich stelle mir die ehrenamtliche Arbeit so vor: kurz, sporadisch, projektbezogen«, so Burgdorf.
2023 ist also das Jahr, in dem »noch an Stellschrauben gedreht« wird, wo genau, wollen die Verantwortlichen im Januar klären. Und zum 1. Januar 2024 wird dann die Gesamtkirchengemeinde Karben komplett sein. Dann stößt die evangelische Kirche Petterweil dazu. Für die Verantwortlichen kein Problem. »Mit der Petterweiler Kirche arbeiten wir jetzt schon eng zusammen.« Von Holger Pegelow