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Neue Aufgaben und mehr Zeit

Privater Haushalt statt städtischer Haushalt: Thomas Stöhr hat als Ehrenbürgermeister Zeit, die er vorher nicht hatte. Nicht alle Projekte klappen allerdings auf Anhieb, verrät er mit einem Augenzwinkern Foto: Patrick Eickhoff
Privater Haushalt statt städtischer Haushalt: Thomas Stöhr hat als Ehrenbürgermeister Zeit, die er vorher nicht hatte. Nicht alle Projekte klappen allerdings auf Anhieb, verrät er mit einem Augenzwinkern Foto: Patrick Eickhoff

Bad Vilbel. Nach drei Wahlperioden und insgesamt 22 Jahren als Erster Stadtrat und Bürgermeister Bad Vilbels ist Thomas Stöhr auf eigenen Wunsch im Sommer 2022 aus diesem Amt ausgeschieden. Er blickt auf bewegte Amtszeiten zurück. In den vergangenen Monaten hat sich beim Ehrenbürgermeister viel getan.
Ein Bürgermeister hat keinen 9-to-5-Job. Thomas Stöhr kann davon ein Lied singen. 22 Jahre war er als Erster Stadtrat und Bürgermeister in Bad Vilbel nahezu rund um die Uhr im Einsatz. Ehrungen, Eröffnungen von Festen, Vereinsveranstaltungen. »So richtig zur Ruhe kommt man nicht«, sagt er. Seit diesem Sommer sieht es für Stöhr anders aus. Bad Vilbel hat gewählt, Stöhr ist nicht mehr angetreten. »Der Wecker klingelt also nicht mehr ganz so früh«, sagt der 56-Jährige.
Vorlesungen im
Verwaltungsrecht

Doch wie verbringt der Ehrenbürgermeister, der auch mit dem Hessischen Verdienstorden ausgezeichnet wurde, den Ruhestand? Vermisst er das Rathaus? Stöhr wirkt entspannt. »Mir geht es gut«, sagt er. »Ich bin auf neuem Terrain unterwegs und habe Perspektive.« Im neuen Jahr reizt es ihm, sich für 139 Städte und Gemeinden zu engagieren. »Schnelles Internet ist wichtig für die Zukunft. Als Geschäftsführer der Gigabitregion Frankfurt/Rhein-Main will ich mithelfen, dass unsere Region weiterhin führend bleibt.«
Aktuell unterrichtet er aber noch an der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit in Mühlheim am Main. »Man hat mir die Möglichkeit gegeben, mehrere Fächer zu lehren.« Zwei Studiengruppen im dritten Semester im Verwaltungsrecht, ein erstes Semester im Kommunalrecht. Thomas Stöhr ist drei Tage die Woche an der Hochschule tätig. »Ich wollte schon immer mal Vorlesungen halten«, sagt er. Und erinnert sich zurück an seine Studienzeit. »Ich weiß noch, wie ich mit Freunden gesagt habe, wir werden sowieso nie Bürgermeister. Da wären Vorlesungen, doch eine tolle Sache.«
Dauerkarte für
Eishockeyspiele

Das mit dem Nicht-Bürgermeister-werden hat nicht geklappt. »Das ist auch gut so«, sagt Stöhr. »Ich möchte keine Sekunde davon missen.« Natürlich sei nunmehr die Anfangszeit ungewohnt gewesen. »Auf einmal gibt es keine politischen Sitzungen mehr oder morgendliche Runden mit Fachdienstleitern.« Aber Stöhr merkt schnell, wie er die Zeit nutzen kann, verbringt Zeit mit seiner Partnerin. »Ich war im Sommer sehr viel im Freibad. Da fehlte mir vorher immer die Zeit für.« Außerdem ist der Ehrenbürgermeister regelmäßiger Gast bei den Löwen Frankfurt in der Eissporthalle. »Wir haben uns Dauerkarten geholt und bisher nur spannende Spiele gesehen. Ich habe zum Abschied ja auch ein Trikot geschenkt bekommen.«
Für einen Plausch mit den Bad Vilbelern ist sich der 56-Jährige nie zu schade. »Ich bin mit allen hier sehr verbunden. Es freut mich, wenn man ins Gespräch kommt.« Die Politik verfolgt er – auch in der Quellenstadt – nach wie vor. »Ich bin eifriger Zeitungsleser und verfolge das alles.« Auf Bad Vilbels Entwicklung blickt er positiv. »Wir haben viel für die Stadtentwicklung getan und zudem für solide Finanzen mit beachtlichen Rücklagen gesorgt.« Stöhr, sagt man, habe die Hausaufgaben gemacht. »Jetzt können meine Nachfolger den Rest angehen.« Frankfurter Straße, Stadthalle, Kurhaus, Vereine. »Man muss immer dran bleiben.«
Vor rund zwei Wochen hat Erster Stadtrat und Kämmerer Bastian Zander /CDU) den Haushalt eingebracht. Dabei hat er zu Beginn auch Stöhr kontaktiert. »Natürlich haben wir auch eine Übergabe gemacht und ich stehe immer für Fragen oder Mithilfe zur Verfügung, aber im Rathaus bin ich selten.« Das gelte auch für die Sitzungen. »Es ist noch nicht die Zeit, dass ich mich als Zuschauer in eine Stadtverordnetenversammlung setze, aber die kommt vielleicht noch.«
Für Stöhr waren es stets die Projekte und Gestaltungsmöglichkeiten, die ihn begeistert haben. »Projekte anzupacken und die Ergebnisse sehen«, sagt er. Zudem pflegt er noch gute Kontakte zum Hessischen Städte- und Gemeindebund oder anderen politischen Gremien. »Es sind Freundschaften entstanden«, fügt er hinzu. Nur ein Projekt will nicht so richtig anlaufen. Stöhr hat sich vorgenommen, auch zu Hause einiges anzupacken. Er schmunzelt: »Da könnte ich noch mehr tun.« Von Patrick Eickhoff