Karben. Die Beantwortung einer FDP-Anfrage durch die Stadt Karben bezüglich umstrittener Bebauungspläne hat das freie Gelände an der Riedmühlstraße in Petterweil wieder an die Öffentlichkeit gebracht. Seit Jahren wehren sich die Anwohner erfolglos gegen eine Bebauung der Freifläche.
»Die Stadt kann unsere Häuser in Gefahr bringen«, sagt Anke Käckell, Anwohnerin der Riedmühlstraße, und die anwesenden Nachbarn nicken zustimmend. Sie reklamieren, dass der Bebauungsplan »Unterm Wiesenbrunnen« die Bebauung der Freifläche zulässt und damit die Hochwassergefahr für ihre Häuser steige. Dagegen wehren sie sich seit vielen Jahren.
In der Öffentlichkeit ist das Thema erledigt, denn weit zurück liegt der Beschluss über den Bebauungsplan 130a. Am 4. April 2019 wurde der Plan von den Stadtverordneten mit 21 Ja- zu 5 Neinstimmen (vor allem der Grünen) genehmigt.
Seitdem haben sich die in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossenen Kläger auf den Weg durch die Instanzen gemacht. Im April 2021 kam die Sache an den Verwaltungsgerichtshof Kassel, der den Klägern aber kein Antragsrecht zuerkannt hat. Daraufhin beklagte die BI das vor dem Bundesverwaltungsgericht. Im März dieses Jahres wies das oberste Gericht die Beschwerde zurück. Instanzenweg ausgeschöpft.
Worum es den gut zehn Mitgliedern der BI in Petterweil geht, haben sie in einer Petition deutlich gemacht mit dem Titel »Naturerhalt in Karben: Kein Bau auf ökologisch bedeutsamen Flächen!«. Denn das Areal sei im Regionalen Flächennutzungsplan als »Vorbehaltsgebiet für Natur und Landschaft«, »Vorranggebiet für Regionalen Grünzug« und »Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen« dargestellt. »Diese Festlegung steht einer Bebauung grundsätzlich entgegen. (…) Wir wollen erreichen, dass diese Fläche ihrem Zweck entsprechend als regionaler Grünzug erhalten bleibt«, heißt es in der Petition, die von 364 Karbenern unterstützt wurde.
Regierungspräsidium mehrmals befasst
In diesem Sinne sehen die BI-Mitglieder den Regionalen Flächennutzungsplan. Er enthalte die verbindliche Vorgabe, dass die Funktion der Regionalen Grünzüge nicht durch andere Nutzungen, insbesondere nicht durch den Wohnungsbau, beeinträchtig werden dürfe. Das scheine die Stadt Karben aber nicht zu interessieren.
Dem widerspricht Bürgermeister Guido Rahn (CDU) in seiner Stellungnahme zur Petition. Die Stadt lege sehr wohl Wert auf den Erhalt ökologisch wertvoller Flächen. Andererseits bestehe in Karben vor den Toren Frankfurts erheblicher Bedarf an Wohnungen und Bauplätzen. »Jede Umwandlung von Grünland- oder Ackerflächen wird daher von uns abgewogen.« Im vorliegenden Fall gehe es um ein kleines Baugebiet mit fünf Bauplätzen. Diese liegen an einer bereits vorhanden Straße am Ortsrand. Kanal, Wasser und dergleichen sind in unmittelbarer Nähe vorhanden, betont der Bürgermeister. Aus Gründen der Schonung der Bodenressourcen sei diese Fläche sogar vorteilhafter als andere. Fachleute hätten geurteilt, dass es sich hier »nicht um ökologisch besonders wertvolle Flächen« handelt.
So sieht das auch das von der BI jetzt erneut eingeschaltete Regierungspräsidium. Die Behauptung, dass die gewünschte Wohnbaufläche in einem Hochwasserschutzgebiet liegt, »können wir nicht bestätigen«. Bei der Anhörung der Träger öffentlicher Belange seien die Belange des Hochwasserschutzes »ausreichend berücksichtigt« worden. So sei der Geltungsbereich verkleinert worden, um den vorgeschriebenen Abstand von zehn Metern zum Gewässerrand des Mühlgrabens einzuhalten.
Das RP verweist darauf, dass der B-Plan inzwischen rechtskräftig ist. »Bei einer erneuten Überprüfung des Planungsvorgangs wurden keine Verstöße gegen die Rechtsordnung festgestellt.«
Von der neuerlichen ablehnenden Stellungnahme sind die BI-Mitglieder enttäuscht. Hier beruft man sich darauf, dass das RP die Bebauung einer größeren Fläche desselben Gebietes im Jahr 2008 abgelehnt habe, aber nun eine Teilfläche der damaligen Planungen problemlos bebaut werden dürfe. »Im Großen ist es also unzulässig, aber im Kleinen völlig okay?« Das sei widersinnig.
Der Bürgermeister nimmt auf Anfrage dieser Zeitung nochmals Stellung: Er habe volles Verständnis, wenn Entscheidungen von Behörden/Ämtern/Kommunen rechtlich überprüft werden – »dies gehört zu einem funktionierenden Rechtsstaat«. Nach einem fast dreijährigen Gang durch alle Instanzen sei durch die rechtliche Würdigung der Gerichte und die mehrfache Stellungnahme des RP aber deutlich geworden, »dass die Stadt Karben hier korrekt gehandelt hat und alle Aspekte inklusive Hochwasserschutz berücksichtigt hat«.
Von Holger Pegelow