Karben. Wer mit dem Auto in Karben unterwegs ist, muss meistens Tempo 30 einhalten. Denn in allen Wohngebieten hat die Stadt Zonen eingerichtet. Aber wie sieht es mit den Hauptstraßen aus? Ein kleines Stück der Rendeler Straße ist limitiert, überall anders auf den Landesstraßen darf man innerorts 50 km/h fahren. Die Kommunalpolitik will dies ändern.
»Nach jetziger Erkenntnislage haben die bestehenden Tempo-30-Regelungen an Hauptverkehrsstraßen überwiegend positive Wirkungen. Den vorliegenden Begleituntersuchungen zufolge gibt es in den meisten Fällen Gewinne bei Verkehrssicherheit, Lärm- und Luftschadstoffminderung und bei den Aufenthaltsqualitäten – gleichzeitig wird die Auto-Mobilität nicht übermäßig eingeschränkt.«
So steht es in einer Studie des Umweltbundesamtes. In der wurde auf nicht weniger als 60 Seiten wissenschaftlich untersucht, wie sich die Ausweisung von Tempo 30 in Hauptverkehrsstraßen auswirkt. Dass die positiven Effekte deutlich überwiegen, dürfte es den Befürwortern leichter machen.
Abweichungen von
Tempo 50 nicht einfach
Allerdings gibt es aktuell noch massive rechtliche Hürden. Denn laut den Gesetzen dürfen allein die Landes- oder Kreisbehörden an innerörtlichen Landesstraßen die Abweichung von den üblichen Tempo 50 genehmigen – und das auch nur in engen Grenzen. In Karben hat die Stadtverwaltung das bereits zu spüren bekommen, als es um die Ausweisung von Tempo 30 in der Klein-Karbener Straße in Rendel ging. Der Kompromiss: Während der Betreuungszeiten der Kita-Außenstelle, die direkt an der vielbefahrenen Straße liegt, gibt es eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Im Nachbarstadtteil Klein-Karben ist die Strecke gleichfalls limitiert: Tempo 30 gilt nur im besonders engen Ortskern, in dem die Fahrzeuge am Straßenrand parken. Kurz vor der Einfahrt zur Grundschule hört der Tempo-30-Abschnitt wieder auf, danach gilt das seit Jahrzehnten bekannte innerörtliche Tempo 50.
Städte starten
neue Initiative
Zurzeit wird landauf, landab darüber diskutiert, ob nicht auch die Kommunen die Berechtigung erhalten sollen, eigenverantwortlich Tempo 30 auf innerörtlichen Durchgangsstraßen, sprich Landesstraßen, anzuordnen. Im Juli vergangenen Jahres haben die Städte Freiburg, Leipzig, Aachen, Augsburg und Münster die Initiative »Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglichen Verkehr« gegründet. Hinter der Initiative mit dem sperrigen Titel haben sich inzwischen bundesweit 125 Kommunen versammelt, hier in der Gegend etwa auch Friedberg, Rosbach und Nidderau.
Nicht von ungefähr haben sowohl die CDU-Fraktion als auch die Grünen-Fraktion zur letzten Sitzungsrunde der städtischen Gremien Anträge dazu eingebracht, die Stadt Karben möge sich der Initiative anschließen. Die Grünen zitieren den Deutschen Städtetag und den Hessischen Städtetag, die sich dieser Initiative angeschlossen hätten. Es gehe darum, das Straßenverkehrsrecht anzupassen.
Denn genau das ist der Punkt. Rechtlich gesehen haben die Kommunen bei Landesstraßen sehr wenig zu sagen. Sie können Eingaben machen und Anregungen geben, entscheiden können sie ohne Erlaubnis der übergeordneten (Polizei-)Behörden nicht. Hessen Mobil verweist auf die Straßenverkehrsordnung (StVO). Demnach seien für alle straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen die Straßenverkehrsbehörden zuständig. Straßenverkehrsbehörden an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen seien die Landräte/-innen, die Oberbürgermeister/-innen und Bürgermeister/-innen; die Zuständigkeit im Einzelnen ergebe sich in Abhängigkeit der Einwohnerzahl.
Bei der Landesstraße 3205, die durch Rendel und Klein-Karben verläuft, hat der Wetteraukreis bzw. die Verkehrspolizei Wetterau das letzte Wort, wenn es darum geht, Tempo 30 anzuordnen.
Der Wetteraukreis hingegen verweist bei Kommunen über 7500 Einwohner auf die Kompetenz der jeweiligen Stadt oder Gemeinde, in der die Landesstraße bzw. der Abschnitt der Landesstraße verläuft.
Wie dem letztlich auch sei, die Stadt Karben möchte sich laut Stadtsprecher Dominik Rinkart der Städteinitiative anschließen. »Es ist wichtig, die Entscheidungskompetenzen der Kommunen zu stärken, um anlassbezogen einen Tempo-30-Bereich ausweisen zu können.«
Von Holger Pegelow