Bad Vilbel. Am Donnerstagabend der vorigen Woche haben rund 150 Bad Vilbelerinnen und Bad Vilbeler an der Bürgerversammlung zur Straßenbahn teilgenommen. Im Kultur- und Sportforum Dortelweil diskutierten sie mit Vertretern von Traffiq, einem Gutachterbüro sowie der Stadt zahlreiche Fragen rund um Straßenbreiten, das Stadtbild und Kreisverkehre.
Noch bevor die Bürgerversammlung begonnen hatte, machten einige Bürger bereits von ihrem »Abstimmungsrecht« Gebrauch. Die ersten grünen kleinen Klebepunkte beantworteten die Fragen »Sind Sie für den Bau einer Straßenbahntrasse von Frankfurt BGU kommend über die Alte Frankfurter Straße, den Schöllberg, die Kassler Straße, die Homburger Straße bis in den geplanten Grünzug des Quellenparks und die hierfür notwendige Beauftragung einer Machbarkeitsstudie im sechsstelligen Bereich?« mit Ja oder Nein.
Studie für 150 000 Euro
Die restlichen – überraschend wenig – Anwesenden lauschten zunächst Gerald Hamöller von der Ramboll GmbH und Hartwig Meier, Bereichsleiter Planung von Traffiq. Sie stellten die Potenzialanalyse vor. Meier nannte sie einen »niedrigschwelligen Einstieg«. Seine Schlussfolgerung: »Es wird eine vielversprechende Nachfrage geben.«
Die Fakten hinter diesem Fazit lieferte Hamöller, dessen Gutachterbüro Ramboll im Auftrag des Rhein-Main-Verkehrsverbundes, der Frankfurter Nahverkehrsgesellschaft Traffiq, der Verkehrsgesellschaft Oberhessen sowie der Städte Frankfurt und Bad Vilbel die Studie erstellt hat.
Mit mehr als 9000 zusätzlichen Arbeitsplätzen und 4200 zusätzlichen Einwohnern rechnet Hamöller in den kommenden Jahren. Ab den 2030er Jahren könnte die jetzige Linie 18 (Preungesheim–Konstablerwache–Louisa–Bahnhof) zusätzlich als neue Linie 19 verkehren und dann bis Bad Vilbel in den Quellenpark verlängert werden.
Hamöller präsentierte anschließend beispielhaft Punkte der Studie. »Kreisverkehr und Straßenbahn – das funktioniert.« Der Übergang von Kasseler in Homburger Straße sei »ein kniffliger Punkt.« Dort bedürfe es einer detaillierten Prüfung. Die Prüfung aller Straßenquerschnitte und einer möglichen Schienenverlegung ist jedoch erfolgt. Das Fazit? »Machbar.« Hamöller und Meier empfehlen eine »vertiefende Machbarkeitsstudie«. Diese würde in etwa 300 000 Euro kosten – etwas weniger als die Hälfte würde Bad Vilbel zahlen, den Rest Frankfurt.
Im Anschluss hatten die Anwesenden Bürger die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Es folgten flammende Plädoyers – teils ohne Frage – und viele Anmerkungen von Bad Vilbeler Stadtverordneten.
Zu Beginn äußerten sich viele kritisch. Bürgermeister Thomas Stöhr stellte fest, dass 1,2 Millionen Euro jährlich für die Straßenbahn eine deutlich größere Summe als die derzeitigen 53 000 Euro für den 30er-Bus seien.
Liebenswert bleiben
Ein Bürger stellte fest, dass das Stadtbild sich zu stark verändere. »Bad Vilbel soll liebenswert sein.« Die Bahn würde die Stadt komplett zerschneiden.
Der Heilsberger Hartmut Schrade sagte: »Der natürliche Feind des Radfahrers ist die Schiene. Auf dem Heilsberg ist die Straße sehr schmal.«
Hamöller sagte: »Das eine Verkehrsmittel ist nie der Feind des anderen.« Es gehe bei der Verkehrswende um die gemeinsame Entwicklung. Er betonte: »Wenn ich morgens früh den Stau auf der Kasseler Straße sehe, dann kann die Straßenbahn nicht mehr zerschneiden.« Dafür gab es lauten Applaus.
Es folgten auch positive Stimmen. Monika Ehmer von der Klimaunion Frankfurt appellierte an die Anwesenden. »Ich kann das Projekt nur empfehlen. Denken Sie an ihre Kinder und Enkelkinder.«
Ein Vilbeler merkte an, dass es nicht darum gehe, an diesem Abend zu entscheiden, ob eine Bahn gebaut werde, »sondern darum zu prüfen, ob gebaut werden kann.« Stadtverordneter Michael Wolf wünscht eine zusätzliche Bürgerbefragung.
Fragen nach wegfallenden Parkplätzen und Bäumen beantwortete Hamöller kurz und knapp: »Eine Stellplatzbilanz und Baumbilanz wird es erst in späteren Studien geben. Dann wird weitergehend untersucht.«
Horst Seißinger fand es spannend, dass viele Ideen zusammengekommen sind. »Das ist eine Diskussion, die ich auf einer Bürgerversammlung selten erlebt habe.« Er persönlich wisse nicht, wie er zu dem Projekt stehe, sagte aber abschließend: »Ermöglichen Sie diese Machbarkeitsstudie, sonst wird die Diskussion abrupt beendet.«
Das Abstimmungsergebnis am Ende? Nahezu ausgeglichen. Jetzt liegt es an den Bad Vilbeler Stadtverordneten.
Von Patrick Eickhoff