Karben. Es ist noch gar nicht ganz hell am Neujahrsmorgen und das Thermometer zeigt eisige 9,5 Grad Minus an, als sich 15 jugendliche Mitglieder der Karbener Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde dick vermummt auf dem Rathausplatz treffen. Ihr Ziel: Die Reste der Feuerwerkskörper aus der Silvesternacht zusammenzukehren.
Die vielen zerplatzen Knaller und Raketen, die Flaschen, die entweder leer getrunken oder als Starthilfe für die Raketen gedient und dann zurückgelassen worden waren, sind nicht etwa Hinterlassenschaften der muslimischen Jugendlichen selbst. Die Aktion, die übrigens jährlich bundesweit von den Ahmadiyya-Gemeinden durchgeführt wird, gehört vielmehr zu dem Programm „Würde der Arbeit“. Dadurch sollen Gemeindemitglieder lernen, dass manuelle Arbeit nicht schadet, und dass sie sich für keine Arbeit zu schade sein sollten, erklärt Astigham Hadyes.
Die religiöse Erziehung ist gemäß der Lehre der Ahmadiyya ein das ganze Leben währender Prozess, der nicht auf das Auswendiglernen von Koranversen beschränkt sein darf, sondern auch den Erwerb von Herzensbildung, eines hohen Moralverständnisses und weltlichem Wissen umfasst. Das religiöse Leben der Ahmadiyya-Muslime unterscheidet sich zwar in nichts von dem anderer (orthodoxer) Muslime, jedoch stehen sie dem interreligiösen Dialog mit anderen Weltreligionen sehr viel offener gegenüber und suchen ihn auch selber.
„Auch wir haben natürlich religiöse Feste, die von denen der Christen abweichen. Die Jahreswende und das Neujahrsfest feiern jedoch alle gleich“, meint Amir Chaudhry. Und dass die Jugendlichen der rund 115 Mitglieder starken Ahmadiyya-Gemeinde sich zum Saubermachen des Rathausplatzes treffen, das habe auch etwas mit Integration zu tun, sagt Hadyes stolz. An und für sich soll die Aktion jedes Jahr durchgeführt werden. Im vergangenen Jahr hat das Ordnungsamt die für das Saubermachen erforderliche Erlaubnis der Gemeinde jedoch nicht erteilt. Warum, wissen die Jugendlichen selbst nicht. (jwn)