Bad Vilbel. Im Nachgang zur konstituierenden Sitzung der Stadtverordneten machen die Grünen ihrer Unzufriedenheit über die neue schwarz-rote Koalition erneut Luft. »Mit CDU und SPD präsentierten sich die beiden größten Wahlverliererinnen als künftige Koalitionspartner«, teilen sie in einer Pressemitteilung mit. Neben der SPD halte die CDU sicherheitshalber ihrem bisherigen Koalitionspartner und »ebenfalls Wahlverlierer« FDP mittels einer Kooperation die Treue. »Mit einer derartigen Koalition der Verliererinnen wird Bad Vilbel die notwendigen Veränderungen im Bereich Klimaschutz, Verkehr, Sozialem und dem Miteinander nicht schaffen«, sagt Kathrin Anders, Fraktionsvorsitzende der Grünen.
Postenvergabe vor Sachfragen?
Der verbindlichste Teil des Koalitionsvertrages befasse sich mit der Art der Zusammenarbeit und der Verteilung der zu besetzenden Posten. »Die Koalitionäre wollen alles minutiös vorbesprechen, um auf jeden Fall zu vermeiden, dass jemand aus der Koalition nicht ›richtig‹ abstimmt. Und völlig ungewöhnlich für eine solche Vereinbarung ist, dass schon jetzt beschrieben wird, wer die Schuld trägt, wenn die Koalition platzt«, teilt Bad Vilbels größte Oppositionspartei mit. »Das alles zeugt nicht von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit«, sagt Co-Fraktionsvorsitzender, Jens Matthias. Er kritisiert, dass die Koalition der FDP einen Posten im Magistrat geben wolle, damit alles beim Alten bleibe.
Die Freien Demokraten haben die erste Sitzung ebenfalls Revue passieren lassen und bezeichnen den Auftritt der Grünen als »keineswegs nachahmenswert«.
Die Grünen ließen bei der Wahl des neuen Stadtverordnetenvorsteher Oliver Junker (CDU) geheim abstimmen – mit einem erheblichen Zeit- und Organisationsaufwand. Er wurde bei einer Enthaltung einstimmig gewählt. »Alle außer den Grünen fragten sich, worin Aufwand und Ertrag dieser Inszenierung bestehen sollten«, schreibt die FDP.
Die Verärgerung, als selbst ernannter Wahlsieger nicht als »Regierungspartei« in Bad Vilbel an die Reihe gekommen zu sein, werde deutlich. Dass das Ziel eines gleichberechtigten Zusammenlebens, wie im Koalitionsvertrag von CDU und SPD avisiert, eine Grundvoraussetzung in der »Beherrschung der deutschen Sprache und dem Bekenntnis zum Grundgesetz« definiert, gerate für die Grünen in den Dunstkreis einer Diskriminierung. »Man kann eine solche Einstellung nicht anders als fernab von jeglicher Realität charakterisieren«, stellt Erich Schleßmann, Fraktionsvorsitzender der FDP, fest. »Das Erlernen und die Beherrschung der Sprache eines Landes, in dem man lebt oder leben möchte, ist keine Schikane, sondern ein Muss zur gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe.«
Auch die Politik des Hessischen Kultusministeriums sei: Um an Bildung teilhaben zu können, steht zuallererst das Erlernen der deutschen Sprache im Vordergrund. Das gehe auch von der schwarz-grünen Landesregierung aus.
»In Bad Vilbel«, so FDP-Parteichef Jörg-Uwe Hahn, »folgen wir ohne Abstriche dieser Linie der Integration. Ohne Sprache ist alles nichts. Wo immer das möglich ist, sind wir bereit, solche Aktivitäten zu unterstützen«. (wpa)