Karben. Kinder auf ihrem Weg durch die Grundschule zu begleiten und zu unterstützen ist seit mehr als 30 Jahren das Anliegen von Renate Engelhard. Damit ist es nun vorbei. Die Rektorin der Grundschule Kloppenheim geht am 1. Februar in den Ruhestand. Geplant hatte Renate Engelhard ihren Abschied aus dem Schuldienst schon im Sommer 2018. Wie bereits bei ihrem Einstieg in den Schuldienst, ist auch beim Abschied Flexibilität gefragt.
Nach dem Abitur auf dem Humboldtgymnasium in Bad Homburg studierte sie Lehramt für Grundschulen mit den Fächern Sport, Mathematik und Kunst an der Frankfurter Goethe-Universität. Nach Vorbereitungsdienst im Seminar in Usingen und Referendariat an der Seulberger Grundschule, wo sie ihr zweites Staatsexamen ablegte, bekam sie trotz jeweils guter Gesamtnote in beiden Staatsexamen keine Stelle.
Lehrerschwemme zum Berufsstart
»Zu Studienbeginn hieß es, wir brauchen Lehrer, bei Studienende waren keine Stellen frei.« Ihr Studium und Überbrückungszeiten finanzierte sie durch Mitarbeit in der väterlichen Lederfabrik, als Pflegerin ihrer Mutter und Übungsleiterin für Kinder- und Jugendturnen in Rodheim. Nach zehn Jahren im Marketing bekommt sie im August 1990 ihre erste Stelle an der Frankfurter Ackermannschule. Die Entscheidung nach erfolgreichen Jahren, in denen sie eigenständig große Werbeaktionen leitete, zurück in den Schuldienst zu wechseln, ist ihr nicht leichtgefallen.
»Doch ich habe im Unterricht schnell gemerkt, dass dies das ist, was ich wollte und gelernt habe.« Ihre Berufung ins Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erhält die gebürtige Bad Homburgerin, die am Waldrand an der Friedrichsdorfer »Äppelwoi-Allee« aufwuchs, 1992. Von 1993 bis 1996 unterrichtet Renate Engelhard an der Karl-Weigand-Schule in Florstadt, um dann zwei Jahre Elternzeit zu nehmen.
Im August 1999 wechselt die vierfache Mutter als Grundschullehrerin nach Kloppenheim. Im Dezember 2003 wird sie zur kommissarischen und zwei Jahre später zur Schulleiterin mit 15 Wochenstunden Unterricht ernannt.
»Seit zwei Jahren unterrichte ich nicht mehr, bin allein in der Verwaltung tätig. Doch ich habe nie die Lust verloren, Kinder zu unterrichten. Die Kombination von Unterricht und Verwaltung macht den Schulleiterposten interessant.« Ihre berufliche Erfahrung in Sekretariat, Lohnabrechnung, Buchhaltung, Organisation von Interviews, Kontrolle von Gewinnbögen in Druckereien, Berichte verfassen und Telefonaktionen leiten, verhalfen ihr zu Einblicken in viele Dinge, die man als Lehrer nicht habe, sagt die fast 65-Jährige. »Ihre« Kloppenheimer Grundschule habe sich in den vergangenen 22 Jahren von einer »verschlafenen Dorfschule« mit vier Lehrern zu einer modernen Ganztagsschule mit 14 Lehrern und mehr als 100 Schülern entwickelt.
Eingeführt und betreut hat Renate Engelhard schon 1999 einen offenen Schulanfang mit Freiarbeit »15 Minuten hatten Schüler Zeit zum Unterricht zu kommen.« Ein Jahr später folgt der naturnahe Umbau des Schulhofes samt Weidenhausbau der Viertklässler. 2001 entdeckt sie ihre Leidenschaft für das Erstellen von Stundenplänen, »das hat mir immer großen Spaß gemacht«. 2007 folgt der Umbau des bisherigen »Heimatmuseums« in einen Werkraum. 2008 die Einrichtung der flexiblen Schuleingangsstufe, in der Erst- und Zweitklässler gemeinsam unterrichtet werden. 2009 dann der Umzug von Sekretariat und Schulleitung aus einer »Abstellkammer« ins Dachgeschoss. 2011 wird das Schulgebäude um einen Klassenraum erweitert, ein Jahr später ein neues Schullogo »mit Herz« entwickelt. 2013 gehen erstmals mehr als 100 Schüler in die Kloppenheimer Grundschule und es findet die akademische 111. Jahrfeier statt, der ein Jahr später das Festschuljahr »111 Jahre Grundschule Kloppenheim« folgt.
Die Theaterpädagogin vom Hessenpark führte mit allen Schülern eine Schulstunde »Wir vor 100 Jahren« auf. 2015 wird die Ganztagsbetreuung mit Essen im Schichtbetrieb in der im katholischen Pfarrhaus untergebrachten Mensa eingeführt, wofür der Stundenplan bis heute geändert wurde.
Vor zwei Jahren wurde für alle Klassen Lernzeiten vormittags eingeführt, weshalb es keine Hausaufgaben gibt. Nicht mehr begleiten kann Renate Engelhard, deren Motto »geht nicht, gibt’s nicht« lautete, den Neubau der Grundschule Kloppenheim und die Einführung einer Präsenzzeit für alle Lehrer auf dem Weg zu einer inklusiven Schule.
Zu ihren Plänen für die künftige Freizeit gehört Zeit mit Kindern und fünf Enkelkindern verbringen, mit ihrem Hund in der Natur unterwegs sein, verstärkt im Beirat der Paula-Müller-Stiftung aktiv werden, Klassenführungen an der Sternwarte in Langenhain organisieren und das Reisen.
Von Christine Fauerbach