Bad Vilbel. Mit Voranschreiten der Klimakrise werden Streuobstwiesen mehr und mehr Thema. Viele sind seit Jahrzehnten in privater Hand, doch wissen viele nicht einmal, dass sie eine Wiese besitzen. Diejenigen, die das tun, kommen ihrer Verantwortung nach, ernten fleißig Äpfel und konnten diese nun kürzlich auf dem Vilbeler Festplatz pressen lassen.
Jeder kennt ihn, jeder liebt ihn: Frisch gepresster Süßer von den Wiesen der Region. Regionaler geht’s kaum. Während Keltereien wie Rapp’s in Karben große Mengen Äpfel für Geld von lokalen Streuobstwiesen-Besitzern ankaufen, haben der Obstbauverein Bad Vilbel und das Mainäppelhaus Lohrberg eine weitere Möglichkeit angeboten, die eigenen Äpfel auspressen zu lassen.
Die riesige, mobile Kelteranlage gehört der Frankfurter Institution, die sich seit Jahrzehnten der Pflege der Streuobstwiesen und der Bildung rund um diese verschrieben hat. »Wir sind seit 9 Uhr hier und haben schon 1200 Liter Apfelsaft gepresst«, erklärt Peter Beltz am frühen Sonntagmittag. Der Vorsitzende des Obstbauvereins Bad Vilbel hat den Keltertag organisiert und dieser wird gut angenommen. »Heute morgen war hier richtig viel los und nachher kommen auch noch mal viele Leute. Aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet«, so Beltz.
Das Mainäppelhaus stellt die Mitarbeiter, die die große Anlage bedienen, die Warteschlange organisieren und darauf achten, dass jeder den Saft der eigenen Äpfel in die Kanister gefüllt bekommt. »Wir bieten das als Service an und konnten das zwei Jahre nicht machen, wegen des Kurhausumbaus.« Denn eigentlich nutzte der OBV den großen Vorplatz vor dem Vilbeler Bauwerk für das Kelterevent, um den vielen Stadtbesuchern die Themen Keltern und Streuobstwiesen näherzubringen.
»Wir wollen das nächstes Jahr wieder machen und eigentlich ist das hier fast noch ein besserer Standort«, findet der Vorsitzende und deutet auf den riesigen Parkplatz auf dem Festplatz. »Wir haben hier einen Gulli, wo alles abfließen kann und die Leute können mit ihren Anhängern ganz nah an die Anlage fahren.«
Lediglich die Frequenz an Passanten sei hier deutlich niedriger als in der Innenstadt. Doch die Leute scheinen froh über das Angebot zu sein, auch wenn das Kilo Äpfel hier kein Geld einbringt. »Ich selbst habe schon 150 Liter aus meinen Äpfeln gemacht und das waren nur die, die auf dem Boden lagen«, beschreibt Peter Beltz. Die Apfelbäume der Region würden derzeit vollhängen. Deshalb seien solche Angebote wichtig, damit die Menschen einen Grund haben zu ernten und ihre Wiesen zu pflegen.
Michael Beltz, Sohn des Vereinsvorsitzenden, nimmt das Angebot gerne an. Er hat seine Töchter mit dabei, die das jährliche Event schon gewohnt sind: »Wir nehmen uns meistens zwei halbe Tage, um auf unseren Wiesen die Äpfel zu sammeln.«
Michael Beltz erklärt seinen Töchtern genau wie die große Kelteranlage funktioniert. Ihm sei wichtig, dass seine Kinder das sehen. »Die Menge an Äpfeln, die wir pressen, reicht dann meistens für ein Jahr«, sagt er. 2020 war für Streuobstwiesenbesitzer ein sehr ertragreiches Jahr. Und dieses war dringend nötig, nachdem die vergangenen Jahre eher durch Missernten aufgefallen waren.
Doch kann sich die Schlussbilanz, die Peter Beltz beim Abschalten der Maschine gegen 18 Uhr zieht, sehen lassen. Rund vier Tonnen Äpfel, Birnen und Trauben wurden an diesem einen Tag verarbeitet. Das ergab rund 2800 Liter Saft. Zwar erreicht der Obstbauverein damit nicht den Rekord von 2016, wo insgesamt sieben Tonnen verarbeitet werden konnten, doch teilt Beltz mit: »Der Tag war aus Sicht des Vereins ein voller Erfolg und wir werden es im nächsten Jahr wiederholen, da die Resonanz so groß ist.« (nma)
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