Bad Vilbel. Die europäische Sumpfschildkröte ist an die Nidda zurückgekehrt. Zwar mit etwas Hilfe, doch können sich die Tiere nun an dem renaturierten Fluss ausbreiten. Damit reiht sich diese Schildkrötenart zwischen vielen anderen Tieren ein, die an der Nidda nach Jahrzehnten wieder ein Zuhause finden.
An dieser bestimmten Stelle zwischen Dortelweil und Gronau steht Gewässerökologe Gottfried Lehr besonders gern. Denn eine grüne Insel teilt die Nidda hier kurzzeitig in zwei verschiedene Läufe. Der eine renaturiert, der andere Teil nicht. »Da sieht man, wie die Nidda sich auf natürliche Weise ihren Weg bahnen kann. Ein völlig anderes Bild«, findet Lehr, der die Nidda-Renaturierung maßgeblich mit geplant und organisiert hat. Und mittlerweile hat der Fluss neue Bewohner.
Lange Jugendzeit
»Die Sumpfschildkröten fühlen sich an den Ufern der Nidda besonders wohl. Auf den Kiesbänken, können sie sich wärmen, sitzen aber auch auf Steinen oder auf Holz«, sagt Lehr. Dabei muss sich die Art gegen andere Schildkrötenarten durchsetzen, die in der Vergangenheit vom Mensch an der Nidda ausgesetzt wurden und nun eine Konkurrenz bilden. Auch mit Mardern und Waschbären haben die Tiere zu kämpfen. »Das Problem ist, dass es ewig dauert, bis Sumpfschildkröten geschlechtsreif werden. Die Zeit, bis es genug Jungtiere gibt, ist eine kritische Phase«, weiß der Nidda-Experte.
Die Tiere seien planmäßig vor einigen Wochen ausgewildert worden, nachdem sie im Exotarium des Frankfurter Zoos hochgepäppelt worden waren. Schon während den Planungen des Abschnitts hätte sich gezeigt, sagt Lehr weiter, dass das Gebiet ein perfekter Lebensraum für die nahezu ausgerottete, aber ursprünglich hier heimische Schildkrötenart werden könnte. »In der Wetterau war die Sumpfschildkröte komplett verschwunden.« Damit gehört die Sumpfschildkröte nun zu mehreren Tierarten, die durch die Renaturierung der Nidda einen neuen Lebensraum erhalten haben. Fische, Vögel und sogar der Biber ist zurück.
Natur im Gleichgewicht
»Die Natur findet immer wieder ihr Gleichgewicht, wenn die Voraussetzungen stimmen«, erläutert Gottfried Lehr. Wenn eine Vogelart zu viel fische, würden einige der anderen Vögel verhungern oder verschwinden. »Um es mal einfach zu illustrieren.«
Was dieses Gleichgewicht derzeit stört, ist der von dem Coronavirus aus den Städten vertriebene Mensch. »Der Verkehr an der Nidda hat mit der Pandemie ganz stark zugenommen, und Hinz und Kunz trampeln jetzt auf den Wiesen herum«, schimpft Lehr. »Das sind momentan so viele Leute, dass es sich um eine lineare und nachhaltige Störung handelt.«
Nicht umsonst sei an vielen Abschnitten der Nidda rund um und in Bad Vilbel das Kanufahren verboten. Lehr deutet auf eine besonders seichte Stelle im Wasser. »Das Wasser ist dort nur Zentimeter tief. Die Barben nutzen das als Laichplätze. Schaut man genau hin sieht man, was unter Wasser los ist.«
KategorienBad Vilbel