Alain Khatir ist ein ruhender Pol im Kindergarten Wirbelwind
Karben. Wer nach einem typischen Frauenberuf sucht, wird in den Kindertagesstätten gewiss fündig. Kinder werden zum weit überwiegenden Teil von Erzieherinnen betreut. Männer sucht man dagegen meist vergebens – außer in Karben. Dort arbeiten mittlerweile gleich acht Erzieher. Einer von ihnen ist Alain Khatir.
Es ist ein fröhlicher Empfang für den Zeitungsreporter. Dass man an einem Montagmorgen auf einen so gut gelaunten Menschen trifft, ist eher selten. Aber Alain Khatir kommt dem Besucher schon lächelnd entgegen. »Herr Pegelow«, sagt er, »herzlich willkommen«.
Wir sind in der städtischen Kindertagesstätte Wirbelwind in Klein-Karben verabredet. Dort arbeitet Alain Khatir seit Oktober vergangenen Jahres. Er hat sich nach dem Umzug mit seiner Familie von Hirzenhain nach Karben auf die Stelle des stellvertretenden Kita-Leiters beworben. Jetzt ist er Vertreter von Sabrina Jöckel in dieser Kita im Birkenweg, die von 85 Kindern besucht wird.
Vom Herd in die Kita
Im Moment ist wenig los. Lediglich zehn Kinder toben auf dem Außengelände herum, es ist Notbetreuung in Corona-Zeiten. Weil die Kita also nur zu einem Bruchteil besetzt ist, hat der 40-Jährige Zeit, zu erzählen, wieso er in einem typischen Frauenberuf arbeitet.
Eigentlich ist Alain Khatir gelernter Koch. Als er sich mit seinem ersten Sohn 2008 bis Mitte 2010 in Elternzeit befand, fiel der Leitung der Privat-Kita, auf die sein Sohn ging, sein Umgang mit Kindern positiv auf. »Du kannst mit Kindern so gut umgehen, dass du diesen Beruf doch mal versuchen kannst.« Und Alain selbst spürte, dass er mit dem Nachwuchs gut kann. »Ich bin ein offener Mensch, ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten«, sagt er. Gesagt, getan. So bewarb er sich tatsächlich für eine Ausbildung zum Erzieher. Als Quereinsteiger habe er zwei Jahre die Beruflichen Schulen am Gradierwerk in Bad Nauheim besucht und hinterher ein Jahrespraktikum absolviert. Dieses Praktikum machte er in einer Kita in Hirzenhain. Dort war man, wie zuvor in der privaten Kita auch, von seinen Fähigkeiten im Umgang mit Kindern überzeugt und übernahm ihn in ein Anstellungsverhältnis.
Alain Khatir wollte aber mehr. Inzwischen war der zweite Sohn geboren. Und in den Stellenanzeigen entdeckte er die Stelle des stellvertretenden Leiters bzw. neutral formuliert einer stellvertretenden Leiterin der Kita Wirbelwind. Dort war die langjährige Stellvertreterin Sabrina Jöckel zur Leiterin aufgestiegen, dann war also deren Stellvertretung frei. Der 40-Jährige konnte die Verantwortlichen der Stadt überzeugen und bekam die Stelle.
»Besonders schön ist es, dass ich im U3-Bereich arbeiten kann«, sagt der Erzieher. »Da kann ich den Kindern noch viele grundlegende Fähigkeiten vermitteln.«
Er hat festgestellt, dass es viele Kinder gibt, die nur von einem Elternteil, zumeist der Mutter, aufgezogen würden. »Da fehlt oft eine männliche Bezugsperson.« Deshalb sei es auch gut, wenn sie in einer Kita von Männern miterzogen würden. Männer gehen mit Kindern anders um als Frauen. Sie haben eine andere Herangehensweise, sagt Alain Khatir. Das könne sich prima ergänzen.
Sein neuer Beruf sei ihm »eine Herzensangelegenheit«, wie er sagt. Es sei ihm sehr wichtig, Kinder zu fördern und sie zu unterstützen nach dem Grundsatz »Hilf mir, es selbst zu tun.« Man müsse den Kindern helfen, sich selbst wahrzunehmen und ihnen auch Mut zu machen und Selbstbewusstsein zu geben.