Zwischen Schutzanzug und Einfühlsamkeit
Bad Vilbel. Trauer, Verzweiflung, Hilflosigkeit. Stirbt ein Angehöriger, ist bei vielen Familien nichts mehr wie zuvor. Ein entscheidender Schritt im Trauerprozess ist die Bestattung. Wo für die einen die Verarbeitung der Trauer beginnt, startet die Arbeit der Pietät. »Natürlich ist es nicht immer leicht, aber es ist wichtig, für die Angehörigen da zu sein«, sagt Nico Jeckel. Er ist der Sohn von Michael, der gemeinsam mit seinem Bruder Rudolf die Pietät Jeckel aus Bad Vilbel leitet. Den Familienbetrieb gibt es seit 1852.
Die Frage, was ihn an seinem Job am meisten begeistert, kann der 20-Jährige schnell beantworten. »Die Arbeit mit den Hinterbliebenen, aber auch mit den Verstorbenen«, sagt er. Ein Bestatter muss mehr können als nur einfühlsame Gespräche mit den Hinterbliebenen führen. »Das Einbetten, die hygienische Versorgung sowie das Ankleiden und Herrichten der Person spielen eine wichtige Rolle.«
Die Corona-Pandemie stellt die Bestatter vor besondere Herausforderungen. In Hessen sind diese nicht als systemrelevant eingestuft. »Materialien haben wir genug. Wir bestellen rechtzeitig und in großen Mengen.« Dennoch müsse man beim Einsargen und Desinfizieren ohnehin vorsichtig sein. Auf dem sogenannten Leichenschauschein sind von den Ärzten alle wichtigen Dinge notiert. »Wir tragen ohnehin einen Ganzkörperanzug, Masken und Handschuhe.«
Auch für Angehörige habe sich einiges verändert. »Trauerhallen sind geschlossen. Beerdigungen werden nur noch im kleinen Rahmen abgehalten.«
2017 hat Nico Jeckel seine Ausbildung begonnen. Ende Juni dieses Jahres soll sie fertig sein. Manche Ereignisse aus diesen drei Jahren haben sich fest ins Gedächtnis eingebrannt, gibt er zu. »Ich bin einmal mit meinem Vater zu einer Wohnung gekommen, und der Verstorbene lag dort bereits etwas länger. Als wir aus dem Auto ausgestiegen sind, haben wir diesen penetranten unangenehmen Geruch wahrgenommen. Diesen werde ich nie vergessen.«
In der Regel kommen jedoch die Hinterbliebenen auf die Pietät zu. »Meistens führen wir viele Gespräche mit den Angehörigen, bieten ihnen einen Halt.« Trauerpsychologie sei sehr wichtig, betont Jeckel.
Der 20-Jährige weiß, wovon er spricht. Bald steht die Abschlussprüfung an. »Wir haben bereits die Informationen erhalten, dass sie trotz Corona stattfindet.« Lediglich in den vergangenen Wochen war der 20-Jährige nicht mehr im Bundesausbildungszentrum für Bestatter im bayerischen Münnerstadt. »Homeschooling war ungewohnt, wenn man es sonst nicht hatte.« Von den Lehrgängen kommt er immer mal wieder mit Informationen nach Hause, die auch für Vater Michael und Onkel Rudolf interessant sind. »Die Branche hat sich gewandelt. Früher gab es mehr Erdbestattungen. Heute sind es größtenteils Feuerbestattungen.«
Das zeigt sich im Büro an der Friedberger Straße in Bad Vilbel. Neben einer Auswahl an Särgen ist dort vor allem das Urnensortiment gewachsen. »Immer auf dem aktuellsten Stand sein. Auch das ist ein wichtiger Teil unseres Jobs.«
Obwohl er damit aufgewachsen ist, stand lange nicht fest, dass er ebenfalls Bestatter wird. »Ich wusste zwar, was mein Vater und mein Onkel beruflich machen, aber um was es da genau geht, wusste ich nicht.« In mehreren Praktika habe er sich das näher angeschaut. Schnell wurde klar: Er möchte ebenfalls im Betrieb arbeiten. Heute kann sich der 20-Jährige nichts besseres vorstellen. »Ich bin die sechste Generation«, sagt er stolz.
Sollte Nico Jeckel Ende Juni seine Abschlussprüfung bestehen, darf er sich offiziell Bestattungsfachkraft nennen. Danach gebe es die Möglichkeit, seinen Bestattungsmeister zu machen. »Bevor ich mich dafür entscheide, möchte ich erst Erfahrung sammeln.
Von Patrick Eickhoff