Rainer Fich: Vorstand der Arbeiterwohlfahrt arbeitet zu 100 Prozent ehrenamtlich
Bad Vilbel. Bei der Frankfurter und der Wiesbadener Arbeiterwohlfahrt (AWO) läuft zurzeit einiges schief. Die Nachrichten über veruntreute Gelder reißen nicht ab, Wohnungen von Vorstandsmitgliedern wurden durchsucht. Die Vilbeler AWO blickt besorgt auf die Nachbarn in der Mainmetropole. Der Vorsitzende Rainer Fich und sein Stellvertreter Hajo Hisgen ordnen die Situation ein.
Vor einigen Tagen hat die AWO in Bad Vilbel gefeiert. Mit 46 Leuten war das Neujahrstreffen gut besucht. »Das fand ich schon bemerkenswert in der jetzigen Situation«, erklärt der Vorsitzende Rainer Fich. »Natürlich habe ich einiges zu dem Frankfurter AWO-Skandal in meiner Ansprache gesagt.«
Im Zusammenhang mit den veruntreuten Geldern bei der Frankfurter AWO hätten ihn einige Anfragen erreicht, sagt Fich. Er sei gefragt worden, was er als Vilbeler AWO-Vorsitzender verdiene. »Alle Vorstandsmitglieder arbeiten rein ehrenamtlich. Kein Gehalt, keine Aufwandsentschädigung. Nicht einmal Fahrtkostenabrechnung«, so Rainer Fichs Antwort. Jeder der rund 50 Aktiven der AWO Bad Vilbel engagiere sich für das Wohl der Gemeinschaft. »Die Motivation ist es, etwas für die Vilbeler zu tun und die Netzwerke in Bad Vilbel sinnvoll zu ergänzen«, sagt Fich. »Was in Frankfurt genau los ist, das weiß ich nicht. Wir haben weder als Verein noch persönlich Kontakte dorthin.«
Mit der AWO Hessen Süd würde Bad Vilbel zusammenarbeiten, die ebenfalls im Zuge des Frankfurter Skandals in die Kritik geraten war. »Mit der AWO Hessen Süd organisieren wir die Schülerbetreuung für 500 Schulkinder in Bad Vilbel.«
Geld für viele Aufgaben
Doch kann Fich sich gut vorstellen, worin die Probleme begründet sein könnten: »Die AWO Hessen Süd hat mehrere Tausend Arbeitsplätze, darunter Geschäftsführer, leitende Angestellte und so weiter.« Weiterhin gebe es aber einen Vorstand aus Ehrenamtlichen. »Das sind Berufstätige oder Rentner. Diese so groß dimensionierte zu überprüfen und zu überwachen ist für dieses ehrenamtliche Gremium kaum möglich«, ist sich Fich sicher. »Dieser Aufsichtspflicht können eine Handvoll Ehrenamtliche nicht nachkommen.« Dass die AWO in Bad Vilbel mit knapp 100 Mitgliedern leichter zu organisieren sei, sei klar.
Doch was genau bietet die AWO in der Quellenstadt an und woher kommt das benötigte Geld? »Wir brauchen viel Geld bei unserem großen Angebot«, sagt Fich fort. So stelle die AWO in Bad Vilbel eine anerkannte Schuldnerberatung zur Verfügung – kostenlos. »Das ist ein Jurist, der neben seiner normalen beruflichen Tätigkeit für 450 Euro diese Schuldnerberatung übernimmt. Weiterhin haben wir dort neun Mitarbeiter, doch alle ehrenamtlich.« 20 000 Euro im Jahr kostet die Schuldnerberatung inklusive vergünstigter Miete. »Das finanzieren wir zu 100 Prozent aus Landesmitteln«, erklärt der Vorsitzende.
Das Wellcome-Projekt der AWO, das zugezogene junge Familien unterstützt, koste rund 8000 Euro jährlich, die vor allem durch Spenden und die Zuwendungen zweier Stiftungen finanziert werden.
100 000 Euro jährlich
»Unser größtes Problem ist die Finanzierung des AWO-Treffs in der Wiesengasse. Der Treff kostet uns monatlich 1600 Euro an Miete.« Durch Rücklagen und Untervermietung konnte die AWO das Café lange halten, doch seit 2018 hilft auch die Stadt Bad Vilbel aus und nimmt der AWO damit eine Sorge ab.
In den Räumlichkeiten findet unter anderem das Café Kleeblatt statt. Ein Treffen für Demenzerkrankte, das drei Mal pro Woche stattfindet und sich einer große Nachfrage erfreut. Auch das Reparaturcafé, das der Stadtverordnete Klaus Arabin (SPD) ins Leben rief, und der Mittagstisch von Fichs Stellvertreter Hajo Hisgen, den es seit 2008 gibt, gehören zum aktuellen Angebot. »Idee des Mittagstischs war es, die Kunden der Tafel mit einem Essen zu unterstützen«, erzählt Fich. Zwischen 15 und 18 Gästen hat der Mittagstisch regelmäßig im AWO-Treff. Mit dabei sind neben den Tafel-Kunden auch viele Senioren.
»Insgesamt haben wir einen Finanzbedarf von 100 000 Euro jährlich«, legt Rainer Fich offen. Die AWO sei in Bad Vilbel kein Verein mit eigenem Vereinsleben. Man sehe sich eher als Dienstleister, der Bedarfssituationen erkennt und reagiert und die nötigen Projekte ins Leben ruft und organisiert.
Das zeige auch das neueste Projekt der Vilbeler AWO, das Fich und Hisgen vorstellen. Es sei geplant, Studenten, die im Rhein-Main-Gebiet nach günstigem Wohnraum suchen, mit Menschen zusammenbringen, die diesen Wohnraum haben. Etwa Senioren, die alleine in großen Häusern leben. Das Projekt wird in Kürze vorgestellt.