Karben. Der Zeitungsreporter ist angekündigt. Die Koordinatorin des Karbener Mehrgenerationentreffs, Gabriele Ratazzi-Stoll, hat die Seniorinnen gefragt, ob sie denn bereit wären, schon etwas früher zum monatlichen Mittagstisch ins Mütter- und Familienzentrum zu kommen. Ja, sind sie. Und so sitzen sie fast eine Stunde vorher da.
Erika Loschtiak (79 Jahre), Mathilde Zeitler (82), Waltraud Marquardt (81) und Ursula Hartmann (78) kennen sich gut. Jahrelang haben sie sich zum Essen gelegentlich im Gasthaus Petri getroffen. Aber das hat schon lange zugemacht, »und jetzt fehlt es uns«.
Dafür kommt das seit Sommer bestehende Angebot des Mittagstisches im Mehrgenerationentreff gerade recht. »Es macht mehr Spaß, als alleine zu kochen und zu essen«, sagt Mathilde Zeitler, die anderen nicken. Die Gemeinschaft sei für sie wichtig. »Wir tauschen uns über alles Mögliche aus«, sagen sie, und zählen Rezepte, das Fernsehprogramm bis hin zur Politik als Gesprächsthemen auf. »Aber wir sprechen auch drüber, wenn im Ort jemand gestorben ist«, sagen sie.
Die vier leben nun schon seit Jahrzehnten im kleinsten Karbener Stadtteil. Mathilde Zeitler ist hier in Roggau, wie Burg-Gräfenrode von den alten Wetterauern gern genannt wird, zur Schule gegangen. Ebenso übrigens wie Wilma Pecher, die wenig später zu der Gruppe hinzustößt. Sie ist durch die anderen vier Damen auf das Angebot aufmerksam geworden. Jetzt nimmt sie zum ersten Mal am Mittagstisch teil. »Ich habe mich schon darauf gefreut«, sagt sie und strahlt.
ANGENEHME ATMOSPHÄRE
Kann sie auch, sagt Gabriele Ratazzi-Stoll. »Hier herrscht immer eine tolle Atmosphäre.« Anlässlich des Seniorencafés habe man einmal abgefragt, ob ein solches Angebot angenommen würde. Dann habe man mit der Caterin Stefanie Breitenbach aus Ober-Wöllstadt gesprochen, die schon die nebenan liegende Kindertagsstätte beliefere. Dort hieß es, man benötige mindestens zehn Teilnehmer.
»Im Durchschnitt kommen sogar 15 Personen zum Essen«, freut sich Ratazzi-Stoll. Für den letzten Treff vor Weihnachten haben sich gar 28 Personen angemeldet. Zwei kommen auch noch unangemeldet ins Müze in die Berliner Straße. Ein Seniorenpaar aus Klein-Karben hat von dem Angebot aus der Zeitung erfahren und sich spontan auf den Weg gemacht.
»Wie gut, dass ich vorsichtshalber zwei Portionen mehr bestellt habe«, lacht die Koordinatorin des Mehrgenerationenhauses und Müze-Vorsitzende. Wer nun denkt, der Mittagstisch sei nur etwas für Senioren, sieht sich getäuscht. Denn zu den Treffen, die an jedem vierten Donnerstag im Monat um 12 Uhr stattfinden, kommen auch etliche jüngere Mütter mit Kindern vor allem, die den Müze-Treff auch sonst besuchen.
TREFF FÜR JUNG UND ALT
»Hier kommen also Jung und Alt zusammen«, freut sich die Vorsitzende. Das entspricht ganz dem Sinn des Mehrgenerationenhauses.
Noch gut 20 Minuten bis zum Beginn: Das Essen kommt. Rinderrouladen mit Soße, Rotkraut und Semmelknödeln. Nun beginnt für Gabriele Ratazzi-Stoll, Ute Heckmann und die Helferinnen aus dem Müze die weitere Vorbereitung.
Zuvor hatten sie die Tische eingedeckt und das Geschirr bereitgestellt. Jetzt noch letzte Handgriffe. Dann kommt das Essen auf die Teller. Heckmann füllt einen Teller nach dem anderen, die Klöße und das Rotkraut kommen in großen Schüsseln auf die Tische. »Da kann sich jeder so viel nehmen, wie er möchte. Nur das Fleisch teilen wir ein.«
Hinterher gibt es noch Kaffee oder Espresso. Da bleiben alle gerne ein wenig länger sitzen. Das tun auch die fünf Seniorinnen. Ursula Hartmann bringt es auf den Punkt: »Wir sitzen hier, bis wir rausgeworfen werden.«