Bad Vilbel. 33 974 Einwohner. So viele Bürg1er zählt Bad Vilbel laut der jüngsten Zahlen des statistischen Landesamtes, Stand: 30. September 2018. Und die Stadt wächst weiter mit vielen Hundert neuen Bewohnern in den Wohnquartieren im Quellenpark.
Dieses enorme Wachstum war für Bad Vilbels Grüne Anlass, eine Erweiterung der hauptamtlichen Stadtspitze zu fordern – nicht zum ersten Mal. Einen solchen Vorstoß haben sie aktuell in die Etat-Beratungen erneut eingebracht. »In einer Stadt, in der ein neuer Stadtteil entsteht, immer mehr Menschen zusammenleben und Erwartungen an die Stadt und ihre Dienstleistungen steigen und unterschiedliche Gruppen Unterstützung benötigen, bedarf es einer professionellen Führung aller Fachbereiche, die sich schwerpunktmäßig um das Zusammenleben in der Stadt kümmern«, begründete Grünen-Fraktionschef Jens Matthias den Antrag der Fraktion.
BEDARF BEIM SOZIALEN
In Bad Vilbel gibt es aktuell außer Bürgermeister Thomas Stöhr nur einen weiteren Hauptamtlichen, den Ersten Stadtrat Sebastian Wysocki (beide CDU). Aus Sicht der Grünen zu wenig: Sie sehen Bedarf in weiteren Tätigkeitsfeldern. In der die Drogen-Prävention »gibt es noch viel zu tun«, sagte Jens Matthias. Ebenso in den Kitas: »Hier sehe ich den Bedarf, weil zehn Erzieherstellen nicht besetzt sind.«
Grinsend quittierte FDP-Fraktionschef Jörg-Uwe Hahn den Vorstoß der Grünen. »Danke, dass die Grünen seit vielen Jahren bemüht sind, dass die FDP einen hauptamtlichen Stadtratsposten bekommt.« Schließlich koaliere die FDP mit der CDU und dürfte damit wohl Zugriffsrecht auf eine solche neue Stelle bekommen.
Allerdings betonte Hahn: »Wir wollen den Posten gar nicht.« Einen zweiten hauptamtlichen Stadtrat benötige Bad Vilbel nicht, fand er. Im von der ehrenamtlichen Stadträtin Heike Freund-Hahn (FDP) geführten Sozialressort bleibe nichts liegen. Falls doch: »Wir sind zu jeder Diskussion bereit, wenn mehr gemacht werden soll.« Gegen eines verwahrte sich Hahn ausdrücklich: Bei der Drogenprävention seien Bad Vilbel und Karben in der Wetterau führend und stellten dafür Arbeitskraft bereit.
Konkret schlug die Ökopartei vor, dass sich der zweite hauptamtliche Stadtrat um »alle Ressorts, die die Gemeinschaft stärken«, kümmern solle. Das wären laut Jens Matthias Soziales, Kultur, Park- und Gartenanlagen, Spiel- und Sportplätze und Wirtschaftsförderung. Das sind die Tätigkeitsfelder von Heike Freund-Hahn und des ebenfalls ehrenamtlichen Stadtrats Klaus Minkel (CDU). Warum ihnen die Aufgaben entziehen? »Da sehe ich keinen Handlungsbedarf«, sagte CDU-Fraktionschefin Irene Utter.
Zweifel kamen während der Debatte in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses auch auf, weil die Grünen die Kosten für den Posten mit 120 000 Euro angaben. Das dürfte nicht nur zu niedrig gegriffen sein, sondern diese Kosten fallen dauerhaft während der Amtszeit des Stadtrats an – zuzüglich Ruhegeldern nach der Amtszeit. Es sei »unverschämt, der Allgemeinheit Kosten aufzudrücken, die unnötig sind«, sagte Martin Gecks (Freie Wähler).
EIN GLÜCKSFALL
Chance auf eine Mehrheit haben die Grünen kaum. Selbst die SPD zog nicht mit. Fraktionschef Christian Kühl sah ebenfalls »zurzeit keinen Bedarf«. Es könne in Zukunft natürlich sein, »dass man nicht immer zwei so politisch ›Verrückte‹ findet« – womit er Minkel und Freund-Hahn meint, die ehrenamtlich Arbeit erledigten, die auch eine hauptamtliche Tätigkeit rechtfertige. Auch Irene Utter sah die beiden als Glücksfall, weil so kein zweiter Hauptamtlicher benötigt werde.
Warum jedoch fordern die Grünen jetzt den Posten aufs Neue? Kühl hat da eine Vermutung, falls Schwarz-Grün in der Stadt koaliere. Die Mutmaßung betrifft zwei Stadtverordnete der Ökopartei: Landtagsabgeordnete Kathrin Anders und Clemens Breest, der ihr Wahlkreisbüro leitet. »Ich kann verstehen«, sagt Christian Kühl, »dass Herr Breest nicht immer am Rockzipfel von Frau Anders hängen will, sondern einen Stadtratsposten möchte.« (den)