Von Mai bis September laufen jährlich die Bad Vilbeler Burgfestspiele. Mit bis zu vier Aufführungen täglich, benötigen die Festspiele enormen Planungsaufwand. Während Zuschauer derzeit noch die Stücke dieser Saison genießen, machen sich die Intendanz und die Drama- turgie längst Gedanken über die nächste Saison.
Bad Vilbel. Nicht nur einen Kalender hat die Dramaturgin der Burgfestspiele, Ruth Schröfel, mit dabei, als sie sich am Nachmittag in den Schatten vor der Burg setzt. Längst ist sie dabei, die neue Festspielsaison zu planen, doch funktioniert das in Bad Vilbel etwas anders als in städtischen Theaterhäusern. „Viele Bühnen machen einen Zwei- oder Dreijahresplan“, weiß die erfahrene Dramaturgin. „Städtische Bühnen zum Beispiel können schnell agieren, wenn sie merken, dass ein Stück gut oder schlecht läuft.“
In Bad Vilbel hingegen müsse bereits im September eines Jahres festgelegt werden, welche Inszenierungen zwischen Mai und September im kommenden Jahr auf der Bühne zu sehen sein werden. „Dafür ist die Auswertung des laufenden Spielbetriebes unerlässlich“, erklärt Schröfel.
Beim Theater für Kinder bitten die Dramaturgin und ihre Kollegen beispielsweise die Klassenlehrer der Schulklassen, die sich die Stücke ansehen, Fragebögen auszufüllen. Was das Abendprogramm angehe, achten die Planer auf die direkten Rückmeldungen des Publikums, wie auch auf die allgemeine Stimmung, also die nonverbalen Rückmeldungen. Das Bauchgefühl sei dabei ganz entscheidend, erklärt Ruth Schröfel.
So lerne das Team in jedem Jahr dazu. Doch hängt es noch von vielen anderen Faktoren ab, welche Inszenierungen den Spielplan für die kommende Saison bestimmen. „Wenn wir eine Idee haben, fragen wir beim entsprechenden Verlag an“, erklärt Ruth Schröfel. Die Nähe zu Frankfurt sei an dieser Stelle mitunter von Nachteil für die Burgfestspiele, denn es gebe hin und wieder das Problem, dass man deshalb eine Lizenz nicht bekomme.
Verlage würden sich oft die Option offen halten, dass ihre Stücke in Frankfurt gespielt werden können, auch wenn diese nur vielleicht dort gastieren. „Dieses Problem haben andere Festspiele, wo keine Großstadt in der Nähe ist, nicht so sehr.“
Frankfurt als Problem
Bei dem Stück West Side Story sei es lange so gewesen, erklärt Schröfel, dass das Stück sogar an eine bestimmte Choreographie gebunden gewesen sei. „Dazu kommt, dass die Stücke zueinander passen müssen und auch die Schauspieler müssen auf die Rollen beider Stücke passen.“ Schließlich würden die meisten Darsteller in zwei Produktionen spielen. „Es sind wirklich eine ganze Menge Parameter, die zu bedenken sind“, so Schröfel.
Derzeit jedoch, denke sie noch gar nicht über neue Stücke nach. Zuerst einmal muss der Zeitplan gesetzt werden, und das ist eine Menge Arbeit. „Ich schaue, wann Vilbeler Markt ist, wann ist Pfingsten, wann sind die Osterferien“, berichtet Ruth Schröfel und blickt auf die Kalender vor ihr. „Wann ist der Ironman, wann der J.P.-Morgan-Lauf.“ Alle zwei Jahre stehe Fußball-WM oder EM an, auch das gelte es zu berücksichtigen.
„So kann man dann schauen, wo die Hauptproben oder die Generalproben hinpassen, all das muss berücksichtigt werden, bevor wir überhaupt über neue Stücke nachdenken.“ Doch wenn die Jongliererei mit den Zahlen geschafft ist und auch neue Stücke gefunden sind, geht es erst richtig los. „Wir kontaktieren dann die Regisseure, diese erstellen ihre Rollenprofile für die Produktionen.“ Über die Zentrale Arbeitsvermittlung (Zav) werden die Rollen schließlich ausgeschrieben. „Bei der Zav sind nur ausgebildete Darsteller. Wir veranstalten Ende des Jahres Vorsprechen und besetzen so die Rollen“, blickt die Dramaturgin voraus. Häufig können auch Darsteller aus dem Vorjahr gewonnen werden, auch im nächsten Jahr wieder Rollen zu übernehmen, sofern sie auf diese passen. Mit den Proben geht es dann bereits im Frühjahr los, denn dann steht ganz schnell die nächste Premiere an.