Bad Vilbel. Ist Hessens Zukunft rot-grün-rot und von Andrea Ypsilanti bestimmt? Das wollten 40 Besucher auf einer SPD-Veranstaltung im Awo-Café von Gernot Grumbach, Vize-Landesvorsitzender der SPD, erfahren. Geht es nach ihm, lautet die Antwort „Ja“. Auch der Bad Vilbeler SPD-Vorsitzende Udo Landgrebe plädierte für eine rot-grün-rote Regierung.
Viele der Anwesenden hatten damit Bauchschmerzen. Grumbach zeigte dafür Verständnis. Dem Argument, dass eine Mehrheit Rot-Grün-Rot ablehne, hielt er entgegen, es gebe auch für eine Große Koalition, Jamaika oder eine Ampel keine Mehrheit an der Basis. Gleichwohl habe die Landtagswahl deutlich gemacht, dass eine Mehrheit Roland Koch (CDU) und seine Politik nicht mehr haben wolle.
Da die beiden bislang gewohnten Konstellationen – Schwarz-Gelb oder Rot-Grün – nicht mehr funktionieren, bemühte Grumbach sogar den alten Bismarck mit seinem Satz, dass Politik die Kunst des Möglichen sei. Dass dabei Aussagen, die vor der Wahl angeblich ernst gemeint waren, korrigiert werden müssten, das liege auf der Hand, so die verblüffende These. Die FDP aber sei weder zu solch einer „Verkehrung“ ihrer Versprechen noch zu einer Zusammenarbeit mit den Genossen bereit, argumentierte Grumbach. Deshalb bleibe der SPD nur übrig, auf die Linke zuzugehen. Dass sie das „in Wiesbaden schneller getan hat, als die Mitglieder ihr folgen konnten“, sei „ein Fehler“ gewesen, der nun durch Informationsveranstaltungen an der Basis korrigiert werden müsse, räumte Grumbach ein.
Die Linke in Hessen habe wenig mit der PDS-Vergangenheit zu tun, denn sie rekrutiere sich zu etwa 50 Prozent aus ehemaligen Mitgliedern der SPD und der Grünen, versuchte Grumbach die Unzufriedenheit an der Basis zu kurieren und die Gradwanderung zu entschärfen. Obwohl man sich angesichts der Vereinigung mit der PDS mit deren Geschichte auch auseinandersetzen müsse, seien die real existierenden Personen andere, sagte Grumbach.
Mit Linken und Grünen habe die SPD die besten Chancen, ihren politischen Willen durchzusetzen. Grumbach machte deutlich, dass es auch mit Grünen einige „Knirschpunkte“ gebe, etwa den Flughafenausbau. In jedem Fall müssten feste Eckpunkte für den Haushalt und fixe Vereinbarungen über zentrale Themen getroffen werden „Wir wissen nicht, wie das wird. Man muss es ausprobieren, obwohl es Zweifel bei jedem von uns gibt“, gestand er.
SPD-Fraktionschef Hans-Ulrich Callies wollte wissen, warum der Linken sogar ein Sonderstatus zugestanden werden soll, in dem sie nicht in die Verantwortung einer Koalition eingebunden werden soll. Und ein Besucher befürchtete, dass sie durch den Einfluss ihres Bundesvorsitzenden Oskar Lafontaine ihr eigenes Süppchen kochen wird.