Die Evangelische Kirche in Deutschland ruft für Sonntag zum Gebet für bedrängte und verfolgte Christen auf. Am Beginn der Passionszeit weiten wir unseren Blick für die Leidenserfahrungen von Christen in anderen Ländern. Laut dem neuen Weltverfolgungsindex des Hilfswerks Open Doors werden weltweit über 200 Millionen Christen verfolgt. Das sei, so das Hilfswerk, die „größte Christenverfolgung aller Zeiten“. Vor allem die Christen im Orient stehen vor der Frage: Auswandern oder bleiben und leiden? Armash Nalbandian, Bischof der armenisch-orthodoxen Kirche in Damaskus/Syrien, hat jüngst gesagt: „Manchmal fühlen wir uns von der Politik, aber auch von unseren Geschwisterkirchen im Westen völlig vergessen.“
Ob sie katholisch, protestantisch, orthodox, freikirchlich sind – das werden die Christen im Orient nicht gefragt. Sie werden schikaniert, ohne Angabe von Gründen inhaftiert, diskriminiert, an Leib und Leben bedroht und getötet, einfach nur, weil sie Christen sind. Viele von ihnen werden verfolgt, nicht weil sie an eine bestimmte Weltanschauung, eine Ideologie oder ein System von Regeln und Formeln glauben, sondern an eine Person. Für Staatenlenker und Regimes, die ihr Volk kontrollieren und ergeben machen wollen, stellt der Glaube an Jesus Christus eine Gefahr dar. Denn ein Christ, eine Christin, weiß sich im Letzten an Jesus Christus gebunden. Das schenkt eine ungeahnte Freiheit. Eine Freiheit, die sich auch darin ausdrückt, sich für die Würde eines jeden Menschen, unabhängig der religiösen oder weltanschaulichen Zugehörigkeit, einzusetzen.
Gott sei Dank ist in Deutschland die Freiheit von Gewissen, Religion und Weltanschauung im Grundgesetz verbürgt. Ohne bedrängt zu werden können wir unseren Glauben leben. Aber verpflichtet das nicht gerade dazu, unsere Solidarität in Wort, Tat und Gebet für bedrängte Christen zum Ausdruck zu bringen? „Unser Volk wird gekreuzigt, wie Jesus“, sagte ein syrisch-orthodoxer Bischof neulich anlässlich einer Begegnung in Bad Vilbel. Schließen wir nicht die Augen vor dem Leid und tun wir, was wir können. Denn auch wenn die meisten von uns nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten haben, ganz konkret zu helfen – eines können wir alle: Der Bitte unserer Glaubensgeschwister nachkommen: „Bitte betet für uns.“
In diesem Sinne wünscht eine gesegnete Passionszeit
Pfarrer Johannes Misterek
Ev. Kirchengemeinde Dortelweil