Den Anwohnern der Homburger Straße und der Dieselstraße in Bad Vilbel könnten bald deftige Gebührenbescheide ins Haus flattern. Ändert die Stadt ihre rechtlichen Vorgaben nicht, werden sie finanziell erheblich an den Kosten für die Sanierungen „ihrer“ Straßen beteiligt. Im benachbarten Karben verhindert man das bereits. Bad Vilbel baut bisher lediglich auf das Prinzip Hoffnung.
Bad Vilbel/Karben. Für einige Diskussionen in der Bürgerschaft sorgen jüngst Zeitungsartikel über Straßenbeiträge in Bad Vilbel und Karben. Beide Städte gehen unterschiedlich vor: Bad Vilbel hält an der einmaligen Variante fest, bei der nur die direkten Anlieger zur Kasse gebeten werden, dann aber kräftig. Karben hingegen hat, wenn auch widerwillig, die wiederkehrende Variante gewählt, nach der alle Grundbesitzer in der Stadt jährlich wiederkehrend zur Kasse gebeten werden. Im Gegenzug will die Stadt die Grundsteuer senken und so von den Bürgern insgesamt nicht mehr kassieren als bisher.
Gemein ist beiden Städten, dass sie sich seit Jahren, teils Jahrzehnten gegen die Straßenbeitragssatzung wehren. Doch nach einem Erlass von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) kamen die Bad Vilbeler mit ihrem defizitären Haushalt nicht mehr darum herum, die Satzung einzuführen. Nach langen Debatten erhielt die einmalige Variante in Bad Vilbel den Vorzug. Immer unter der Prämisse, sie so schnell wie möglich wieder abzuschaffen.
FDP hakt nach
2015 hatte die Stadt sogar gegen den damaligen Landrat Joachim Arnold (SPD) in dessen Funktion als Kommunalaufsicht des Landes Hessen geklagt, um dessen Nein zum Haushalt 2014 widerrufen zu lassen. An diesem Haushalt hing die Einführung der Straßenbeiträge. Erfolglos.
„Das Parlament hat lange über die Vor- und Nachteile beider Varianten diskutiert“, erinnert Stadtsprecher Yannick Schwander. Überwogen habe letztlich der Eindruck, dass wiederkehrende Beiträge mit hohen Erstellungskosten für ein Kataster und auch verwaltungstechnischen Schwierigkeiten bei der Abschaffung verbunden gewesen wären. Deswegen gebe es innerhalb der Stadtverwaltung keinen Grund, dem Karbener Modell zu folgen und nun wiederkehrende Beiträge einzuführen. „Unser Ziel bleibt es, die Beiträge abzuschaffen, ein Wechsel ergibt deswegen keinen Sinn.“ Dafür aber muss die Stadt mehrfach positive und belastbare Haushalte vorlegen.
Trotzdem begrüßt die Stadt einen Vorstoß des Vilbeler Landtagsabgeordneten Jörg-Uwe Hahn (FDP). Seine Fraktion hat im Landtag beantragt, den Zwang auf Straßenbeiträge für Kommunen abzuschaffen. Schwander betont, dass dies Landespolitik sei, dass die Stadt abwarte. Nicht nur in Bad Vilbel, sondern auch in Karben, Rosbach, Bad Nauheim und in Friedberg habe das Thema eine wichtige Rolle gespielt.
Die Debatte nimmt derweil hessenweit Fahrt auf. Die Städte Schlitz und Limburg haben geklagt. Erst vor kurzem entschied der Verwaltungsgerichtshof Kassel gegen die Schlitzer: Dort muss die Gemeinde nun kassieren. Das haben die Karbener über Jahrzehnte zu verhindern gewusst – obwohl bei ihnen bereits eine Satzung galt, die Straßenbeiträge vorsah, sogar mit den extrem hohen Zahlungen für direkte Anlieger. Blechen musste dennoch niemand: Stets spielten die Regierungen alle Sanierungen zu Ausbesserungsarbeiten herunter, für die die Anlieger nicht herangezogen werden.
Alten Trick anwenden
Als die Karbener dann 2014 allerdings die Satzung streichen wollten, stoppte der seinerzeitige Landrat Joachim Arnold das Vorhaben: Weil die Stadt im Minus wirtschafte, müsse sie jede Einnahmemöglichkeit nutzen, erklärte er unter Bezug auf die Beuth-Vorgabe – und setzte die Satzung wieder in Kraft. Dagegen klagt die Stadt.
Durchaus mit einem ersten Erfolg: Karben gewann 2017 vor dem Gießener Verwaltungsgericht. Doch der Landrat hat das angefochten. Aktuell liegt der Fall in Kassel. Ein Urteil ist aber nicht mehr relevant, da die Karbener ja zum Jahreswechsel ihre Zwangssatzung mit Einmalbeiträgen ersetzt haben durch jene jährlichen Beiträge von allen Grundstückseignern. Den Karbener Trick versuchen nun auch die Vilbeler zu nutzen: Größere Sanierungen stünden in der Stadt nach derzeitigem Kenntnisstand nicht an, erklärt Stadt-Sprecher Schwander.
Was definitiv geplant ist, ist der Umbau der Kreuzung von Homburger Straße und Am weißen Stein. Hier soll die Ampel durch einen Kreisel ersetzt werden. Haushaltsmittel dafür sind in den Haushalt 2018/2019 eingestellt. Ob dabei die Straße aber auch gleich grundhaft saniert wird, ist Schwander nicht bekannt. Denn nur dann müssten die Anlieger zahlen. (den/kop)