Polit-Promi Wolfgang Bosbach erfüllte beim Neujahrsempfang der Karbener Christdemokraten alle Erwartungen auf eine Rede, in der weder klare Worte fehlten noch der rheinische Humor des langjährigen Bundestagsabgeordneten.
Karben. An ein volles Haus ist die CDU bei ihrem Neujahrsempfang im Albert-Schäfer-Haus Petterweil gewöhnt. Doch so viele Gäste wie diesmal waren es noch nie. Auf 280 Besucher schätzte Parteivorsitzender Mario Beck die Zahl. Dass es dem eingeladenen Polit-Promi zu verdanken war, wusste Beck natürlich: „Alle wollen Wolfgang Bosbach live erleben.“ Und Beck hatte die Hoffnung, dass der langjährige Bundestagsabgeordnete „die Botschaft der CDU nach draußen tragen werde“.
Lang war die Liste der Ehrengäste, die Beck aufzählte. Der Landtagsabgeordnete Tobias Utter (CDU) aus Bad Vilbel, der zur Landtagswahl im September wieder antritt, war gekommen, ebenso Oswin Veith (CDU) aus Bad Nauheim, der sein Bundestagsmandat verteidigt hat. Vermisst wurde allerdings Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Er musste sich wegen Krankheit entschuldigen lassen.
Markenkern der CDU
Dass die CDU mit Optimismus ins neue Jahr blicke, machte Beck deutlich. „In Karben tut sich was.“ Die Stadtentwicklung gehe voran, die Neue Mitte werde gebaut. „Wir werden 17 Millionen in Bau- und Strukturprojekte investieren.“ Karben sei im Wachsen begriffen. Unter Beifall verkündete der Parteichef, dass Karben aus dem Schutzschirm des Landes entlassen werde. Karben habe sich unter der CDU-Regierung nicht „kaputtgespart“, sondern die Finanzen saniert und investiert. Große Hoffnungen setzte Beck auf Landratskandidaten Jan Weckler (CDU). „Er ist ebenso zupackend wie unser Bürgermeister Rahn, das ergibt ein Traumduo.“
Dann eilte Bosbach unter Beifall ans Podium. Wer erwartete, dass er sich ausführlich zur aktuellen politischen Lage, zur Groko äußern würde, wurde aber enttäuscht. Bosbach ging auf Grundsätzliches ein und forderte, dass die CDU ihre eigenen Ziele klarer äußern solle. Ziele, die zum „Markenkern“ der CDU gehörten.
Im Mittelpunkt könne nicht die ständige Rücksichtnahme auf Koalitionspartner stehen und das Schielen auf deren Positionen. „Wir brauchen unterscheidbare Parteien“, forderte der Ex-Bundestagsabgeordnete. Koalitionsverhandlungen seien schließlich keine Fusionen.
Deutlich machte Bosbach, dass er Deutschland und Europa vor neuen Herausforderungen sehe. „Wir können nicht zurück in die Welt des Nationalismus.“ Die Globalisierung habe die Welt verändert. Kein Land könne seine Probleme lösen durch einen Rückzug auf seine Grenzen. Nachdrücklich forderte Bosbach dazu auf, sich den Herausforderungen der Globalisierung und Digitalisierung zu stellen. „Nur so können wir unseren Wohlstand halten.“ Früher sei Deutschland in vielen Bereichen Marktführer gewesen. Das habe sich geändert.
Besser Schritt halten
Das Zeitalter der Industrialisierung sei abgelöst worden von der Digitalisierung, und da spielten deutsche Unternehmen keine Hauptrolle mehr. Bosbach zählte Amazon und Apple auf, Google und Co. „Wir müssen uns anstrengen, Schritt zu halten.“
Unersetzlich sei gute Bildung. „Computer und Smartphones haben unser Leben grundlegend verändert“, erklärte Bosbach. Beispiel: „Wir hatten als Kinder keine Handys, wir waren nicht erreichbar, wir waren offline.“
Wie schnell sich die Welt geändert habe, machte Bosbach an einem einfachen Beispiel deutlich. Als Angela Merkel im Jahr 2005 Bundeskanzlerin wurde, gab es noch kein Smartphone. Heute könne fast niemand mehr ohne sein: Statistisch gesehen greife jeder Deutsche täglich 88-mal zum Handy. Nur um zu sehen, ob es etwas Neues gibt.
„Wären Sie früher zum Telefon gelaufen, ohne dass es klingelt?“, fragte Bosbach und sorgte damit für Lacher. Mit langem Beifall dankten die Zuhörer für eine Rede, die nachdenklich gemacht hatte – gewürzt mit einer Prise Humor.