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In den Tod getrieben – Heimatkundler Walter Heil erinnert sich an Terror, Judenverfolgung und das KZ Buchenwald

Bad Vilbel. Mit dem pensionierten Realschullehrer Walter Heil hatte die SPD-Massenheim einen Augen- und Zeitzeugen des so genannten Dritten Reichs zu ihrem Stammtisch eingeladen. Das Thema des Vortrages, zu dem 22 Bürger gekommen waren, lautete „Naziterror, Judenverfolgung und das Konzentrationslager (KZ) Weimar-Buchenwald“.

Heil war 1925 geboren worden. Vater Maximilian Heil war in der katholischen Kirche aktiv und als Mitglied der Zentrumspartei dem Nazirektor Heusel ein Dorn im Auge. So setzte er zwei junge Spitzel in die achte Klasse. „Wenn der Heil etwas gegen Hitler sagt, dann meldet euch“, lautete der Auftrag. Beide erfüllten ihn, nachdem ihr Lehrer das Verteilen von Parteifähnchen und das Singen des Horst-Wessel-Liedes in der Klasse unterbunden hatte. Der Rektor und einer seiner Parteifreunde unter den Lehrern stürmten ins Klassenzimmer, packten Maximilian Heil und stürzten ihn die Treppe hinunter. Der vor seiner Klasse gedemütigte und misshandelte Lehrer erlitt einen Nervenzusammenbruch. Nach seiner Rückkehr aus einem dreiwöchigen Kuraufenthalt in Schlangenbad wurde er vom Schuldienst wegen politischer Unzuverlässigkeit suspendiert.

„Daraufhin wurde mein Vater in den Selbstmord getrieben“, sagte Walter Heil. Er selbst war von 1941 bis 1943 Mitglied der „Flieger Hitlerjugend“. Heil wurde 1942 Zeuge des Abtransportes der letzten jüdischen Frauen und Kinder aus der Wetterau, die zuvor in der Sporthalle der Augustinerschule in Friedberg einquartiert waren. Er beobachtete auf dem Friedberger Bahnhof das Verladen der Gruppen in Viehwaggons. Auf seine Frage, wohin die Leute gebracht würden, habe ihm der Lokomotivführer geantwortet: „Das geht dich nichts an“ und dann „Die kommen alle in Ghettos im Osten“. 1943 wurde Walter Heil zum Kriegsdienst ein-gezogen.

Zum Abschied schenkte ihm seine Mutter ein Kreuz aus einem Rosenkranz, das er bis zum heutigen Tag immer bei sich trägt. „Meine christliche Erziehung hat mir oft bei der Bewältigung der schrecklichen Erlebnisse geholfen.“

Von der Flugzeugführerschule in Stettin wurde Heil mit anderen Anfang August 1944 zum Dienst ins KZ Weimar-Buchenwald abkommandiert. „Die KZ Dachau und Osthofen waren bei Leuten in der Region bekannt. Vom KZ Weimar-Buchenwald wussten nur Leute, die in der Nähe wohnten.“ Über dem Tor stand „Jedem das Seine“, erinnerte sich Heil.

Nachdem er sich mehrmals geweigert hatte, die SS-Schule zu besuchen, wurde er zur Mannschaft eingeteilt, die die KZ-Insassen zur Arbeit in den Steinbruch begleitete. „Die Arbeit dort war das Schlimmste, was den fast verhungerten Häftlingen passieren konnte.“ Die Einstellung der SS-Mannschaften brachte ein Hauptmann auf den Punkt: „Die Sau muss von hinten fallen“, befahl er und meinte die Erschießung von Häftlingen. Mit einem Schuss in den Rücken war der „Vorfall“ mit der Bemerkung „auf der Flucht erschossen“ erledigt. Bei einem Schuss von vorn, gab es Untersuchungen und Ärger mit der Bürokratie. „“Was den Menschen dort angetan wurde, war grausam“, ist Walter Heil noch heute entsetzt. „Ich hatte viele schreckliche Erlebnisse. So wurden 300 sowjetischen Offiziere und Kommissare mit einer Genickschussanlage liquidiert.Dieser Teil unserer Geschichte ist ein bleibender Schandfleck für unser Volk.“ Empört ist der 83-Jährige über den heutigen Rechtsextremismus und dass es kein Parteiverbot für die NPD gibt. Walter Heil ist überzeugt, dass es sich lohnt, für das Menschliche und Soziale einzutreten. An den Vortrag schloss sich eine teils sehr emotional geführte Diskussion an, die bis kurz vor Mitternacht dauerte.