Wohl erst mit dem S-Bahn-Ausbau ab 2027 wird der Bahnhof Groß-Karben wirklich barrierefrei sein. Dieser Teil der Bauarbeiten lässt sich aus technischen Gründen nicht vorziehen. Nun denkt die Bahn über eine Übergangslösung nach: ob ein Treppenlift eingebaut werden könnte.
Karben. Angelika Link (52) aus Petterweil sitzt seit vier Jahren im Rollstuhl, leidet an Multipler Sklerose (MS). Und genau so lange kann sie nicht mehr mit der Bahn fahren. Denn die Treppe von der Unterführung zu den Gleisen zwei und drei am Bahnhof Groß-Karben ist für sie ein unüberwindbares Hindernis.
Link und viele Mitstreiter hatten bei einem Vor-Ort-Termin aufgezeigt, wie massiv diese Treppe sie vom normalen Leben abschneidet. Nicht nur Rollstuhlfahrer kommen in Karben nicht zur S-Bahn nach Frankfurt. Beschwerlich bis unmöglich ist es auch für jeden, der schlecht zu Fuß ist oder Schweres tragen muss.
Protest Betroffener
900 Unterschriften übergaben der MS-Treff Karben und die örtliche Gruppe des Sozialverbandes VdK jetzt an Bürgermeister Guido Rahn (CDU) für den raschen barrierefreien Ausbau des Bahnhof. Immerhin ist die Station die am drittstärksten frequentierte im Gebiet der Verkehrsgesellschaft Oberhessen (VGO).
Erst mit dem S-Bahn-Ausbau zwischen Bad Vilbel und Friedberg werde der barrierefreie Umbau möglich, hatte der städtische Verkehrsfachmann Ekkehart Böing den Betroffenen erläutert. Frühestens zwischen 2022 und 2027 könne gebaut werden. Nicht eingerechnet seien ungeplante Verzögerungen, denn die Bürgerinitiative „Bahnane“ habe Klagen gegen die Ausbau-Planung angekündigt.
Eine kleine Hoffnung auf eine frühere Barrierefreiheit an Karbens Bahnhof haben die Betroffenen dennoch: Könnte nicht, wie vor einigen Jahren in Bad Vilbel, der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs Karben vorgezogen werden?
Das habe die Stadt bei Bahntochter DB Netz prüfen lassen, erklärte Rahn. Konkret: Ob nicht der Fahrstuhl vorher gebaut werden könne. Der soll nach der bisherigen Planung neben der Treppe auf einem verbreiterten Bahnsteig entstehen werden – genau dort, wo derzeit noch Gleis zwei verläuft. Dieses „Zwischengleis werde dann nicht mehr für Überholungszwecke benötigt, sondern nur noch zum Wenden der Zwischenbahnen.
Die S-Bahnen halten dann einige Meter weiter südlich als heute. Bis zum Ausbau aber wird Gleis zwei noch als Durchgangsgleis gebraucht. Daher habe die Stadt vorgeschlagen, den Fahrstuhl stattdessen in einer Verlängerung des Bahnsteigs nach Norden zu bauen – so, dass er genau gegenüber der heutigen Treppe in der Unterführung herauskommt, sagte Rahn.
Abstand zu schmal
Damit kämen in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen von unten nach oben, allerdings noch nicht auf den Bahnsteig: „Problematisch ist der schmale Abstand zwischen Treppenüberdachung und Zwischengleis“, erläuterte der Bürgermeister. Der Abstand sei zu schmal, um vorbeizukommen.
Eine weitere Hiobsbotschaft habe es im Juni bei einem Abstimmungsgespräch mit allen Beteiligten im hessischen Verkehrsministerium gegeben: Sollte der Fahrstuhl an einer anderen als der geplanten Stelle gebaut werden, wäre dafür ein eigenes Baurechtsverfahren nötig. Das nehme einige Jahre in Anspruch.
Und noch ein Problem bliebe: Die Stufe zwischen 76 Zentimeter hohem Bahnsteig und der S-Bahn-Einstiegshöhe von 96 Zentimetern. Ein Umbau könne nicht vor dem Gesamtausbau der Strecke erfolgen, erläutert der Bürgermeister: „Eine Erhöhung des Bahnsteigs ist aufgrund des Güterverkehrs mit Wagen mit Überbreite nicht möglich, solange dieser nicht auf eigenen Gleisen fahren kann.“
Damit sei klar: Erst mit dem S-Bahn-Ausbau sei „eine barrierefreie Erreichbarkeit des Mittelbahnsteigs möglich“, sagt Guido Rahn. Da das allerdings „noch gut zehn Jahre“ dauern dürfte, seien Bahn, Land und Stadt einig, möglichst eine Zwischenlösung zu schaffen.
Deshalb prüfe die Bahn nun, ob es möglich ist, einen Treppenlift zu installieren, erklärt der Rathauschef. Damit „könnte zumindest schnell eine Übergangslösung erreicht werden, um das Überwinden der Treppen zu ermöglichen“. (den)