Schöneck. Der sechsjährige Christopher ist ein lebhafter Junge. Er lacht verschmitzt und freut sich, wenn ihm ein kleiner Streich gelungen ist. Als er sich den großen Rucksack auf den Rücken schnallt, um in den Kindergarten zu gehen, verabschiedet er sich von seiner Mutter mit einem Küsschen.
Erlebt man Christopher so, scheint er ein aufgeweckter ganz normaler selbstbewusster Junge zu sein. Und doch hat Christopher eine Entwicklungsverzögerung. Einiges davon hat er bereits aufgeholt, und die Eltern Peter und Claudia Schindler hoffen, dass sein Rückstand bald kompensiert ist. Für die beiden Oberdorfelder ist das alles kein Drama. Was die beiden allerdings bestürzt, ist eine Entscheidung des Schulamtes vom Juni, die Christopher einen integrativen Platz in der Sterntaler-Grundschule verwehrt.
Dabei hatte die Gutachterin Gabriele Dietzel in ihrem 16-seitigen Gutachten über Christopher ausdrücklich eine Empfehlung für die Sterntalerschule in Büdesheim ausgesprochen. Auch Schulleiterin Mareike Meister hatte den Jungen bereits kennen gelernt, und war bereit, ihn zusammen mit zwei weiteren Kindern in das bereits seit Jahren bestehende und gut funktionierende integrative Schulprogramm aufzunehmen.
In Eigeninitiative hatten die Eltern der drei betroffenen Kinder daraufhin gemeinsam einen Integrationshelfer und einen gemeinsamen Fahrdienst organisiert und die Finanzierung gesichert. Damit wollten sie die Kosten für den Staat möglichst gering halten. Das einzige, was noch fehlte, war eine Sonderpädagogin. Doch mit dem Bescheid des Schulamtes wurde jetzt verfügt, dass Christopher und die beiden andern Kinder nicht in die nahe Sterntalerschule gehen dürfen, sondern die Lernhilfeschule in Maintal besuchen müssen. Der Vertreter des Staatlichen Schulamtes des Main-Kinzig-Kreis, Daniel Müssle, erklärte auf Anfrage der FNP dazu, ohne juristische Abklärung könne er den Medien gegenüber keine Stellung beziehen. Das sei ohnehin Sache des Ministeriums, doch die Eltern könnten Widerspruch einlegen.
Claudia Schindler kann nicht verstehen, dass entgegen der ausdrücklichen Gutachterempfehlung entschieden wurde. Sie fürchtet nun, dass damit ein „Sonderschulweg“ für Christopher eingeleitet wird. Durch diese Entscheidung könne ihr Sohn in der Gesellschaft abgestempelt werden, sagt sie und fürchtet um seine Zukunft. Sorgenvoll ergänzt sie: „Der Weg von unten nach oben ist sicher schwieriger.“ Die Politik begnüge sich mit Lippenbekenntnissen und unterstütze den Förderbedarf wider bessere Kenntnis nicht. „Da werden Aufbewahrungsstunden finanziert, um die Unterrichtsausfälle auf dem Papier besser aussehen zu lassen, und erforderliche Fördermaßnahmen gestrichen“, ärgert sich Schindler. Momentan sitzen die drei betroffen Familien wie auf heißen Kohlen, denn durch die Ferien sind öffentliche Stellen kaum besetzt. Und ob der Widerspruch, den Familie Schindler beim Staatlichen Schulamt eingereicht hat, pünktlich zum Schulbeginn Früchte trägt, muss sich erst noch zeigen.
Für Christopher ist diese Zeit besonders schwer, denn er schwärmt bereits seit langem von der Sterntalerschule. Nun scheint es so, als müssten ihm seine Eltern kurz vor der Einschulung beibringen, dass er dort nicht hin darf.