Karben. Lesen, bis einem die Augen zufallen. Die ganze Nacht mit einem Stapel Bücher zubringen, ohne dass Vater oder Mutter sagen: „Jetzt ist aber Schluss!“ Für zwölf Mädchen aus Karben und Umgebung wurde dieser Traum wahr: Am vergangenen Freitagabend haben sie Isomatten und Schlafsäcke zwischen den Buchregalen der Stadtbücherei ausgebreitet und sie erst am nächsten Morgen wieder eingerollt. Von 19 bis 9 Uhr dauerte ihre Lesenacht, wie viel Stunden sie davon lesen würden oder schlafen, das stand jedem Mädchen frei.
Zum siebten Mal hatte Büchereileiterin Ursula Hauer zusammen mit Angelika Möller vom Fachdienst Kinder- und Jugendarbeit Karben zu dieser Lesenacht für elf- bis dreizehnjährige Mädchen eingeladen. „Die Plätze sind immer sofort ausgebucht“, sagte Hauer. Kaum sei die Lesenacht im Programm der Wetterauer Mädchen-Aktionstage angekündigt, trudelten auch schon die Anmeldungen ein. „Die Mädchen lesen wirklich ein Buch nach dem anderen“, ist ihre Erfahrung. Manche schliefen nur eine Stunde.
Alicia stürzte zusammen mit ihren Freundinnen Laura, Annabel und Annkathrin gleich zu dem Regal, in dem Titel wie „Freche Mädchen“, „Ich bin ich“, oder „Für Mädchen verboten“ stehen. „Das wär’s doch“, sagte Alicia und zog sich das Buch „Wie man Brüder in Frösche verwandelt“ heraus. Zwar hat sie eine kleine Schwester und nicht einen Bruder, aber vielleicht funktioniert der Tipp auch bei Mädchen.
Ganz andere Vorlieben hat Anna (13), die schon das dritte Mal und damit unwiderruflich das letzte Mal an der Lesenacht teilnimmt. Sie ist Dauergast in der Bücherei, hat schon „so ziemlich alles ausgelesen“ und sucht jetzt bei den Erwachsenenbüchern nach Lesestoff. Gruselgeschichten mag sie am Liebsten. Auch an Stephen Kings Bücher findet sie Gefallen. „Ich liebe Pferdebücher“, murmelte Laura und streifte suchend durch die Bücherei. Die Freundinnen Maike und Kira aus Wöllstadt waren zum ersten Mal in der Karbener Bücherei, schauten sich neugierig um, stöberten, lachten und waren, in Aussicht auf eine lange Nacht der Bücher, einfach aufgeregt. Doch bevor sich alle Mädchen mit Büchern eindeckten, gingen sie auf die Suche nach einem Schlafplatz. Die einen machten es sich in der Kinderbuchecke gemütlich, gleich zu fünft, Schlafsack an Schlafsack. Die anderen verteilen sich zwischen den Regalen, meistens zu zweit.
Alicia hatte sich schon ihre Lieblingslektüre aus dem Regal für Mädchenbücher geholt. „Die will ich alle lesen“, sagte sie und fing gleich an zu blättern. In dem ersten Buch von sieben. Die Nacht hatte schließlich erst angefangen.