Der Recyclinghof in Klein-Karben wird ausgebaut. Wer Abfall hier anliefert, soll deshalb in Zukunft weniger lange warten müssen. Doch das hat seinen Preis. Und den werden viele Nutzer in Zukunft direkt bezahlen müssen.
Karben. Nirgends ist das Loswerden kleiner Mengen an Grünschnitt, Bauschutt, Sperrmüll, Altholz so günstig wie in Karben. Für alles, dessen Anlieferung auf dem Recyclinghof im Gewerbegebiet Klein-Karben weniger als 2,50 Euro kostet, erlässt die Stadt die Gebühr.
Weniger Bürokratie und weniger Dreck in der Landschaft waren einst das Ziel dieser sehr pragmatischen Regelung. Wetterauweit sticht Karben damit hervor: An keinem der anderen neun Recyclinghöfe gibt es eine solche Lösung.
Und bald nun auch in Karben nicht mehr. Das Stadtparlament hat nahezu einstimmig – nur gegen die Stimme des linken Stadtverordneten und bei Enthaltung der Grünen – zugestimmt, dass die kostenlose Kleinmengen-Annahme entfällt.
Richtig zufrieden damit ist während der Debatten im Hauptausschuss und im Parlament keiner der Stadtverordneten. Doch nur wenn Karben seine Extrawurst streiche, übernehme der Abfallwirtschaftsbetrieb des Wetteraukreises (AWB) die Kosten für die Planung der Recyclinghof-Erweiterung, erklärt Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Wenngleich es dabei nur um 13 000 Euro geht – bei 150 000 Euro Gesamtkosten für die Erweiterung.
Abfall-Tourismus stoppen
Wichtiger sei, dass der AWB habe durchblicke lassen, dass die Karbener nicht mehr länger im Verbund mitmachen könnten, wenn sie auf ihre Kleinmengen-Regelung beständen, erklärt Rahn. Damit stünden jährlich 20 000 bis 30 000 Euro an Zuschüssen zur Disposition. „Wo sollen wir das herkriegen?“ SPD-Fraktionschef Thomas Görlich bringt es auf den Punkt: „Alle fühlen wir uns unwohl mit dieser Lösung.“ Immerhin hätten die Bürger bisher beispielsweise bis zu 83 Kilo Grünschnitt und 50 Kilo Bauschutt kostenfrei abgeben können.
Deshalb ist Görlich sauer: „Ich finde eine solche Erpressung nicht gut, das ist nicht fair vom AWB,“ Da stimmt ihm sogar der Bürgermeister zu: „Das ist nicht die feine Art des Wetteraukreises.“ Er will das Vorgehen aber lieber diplomatisch „Verhandlungstaktik“ nennen.
Der Einheitspreis im Kreis soll einen Mülltourismus verhindern, erinnert CDU-Fraktionschef Mario Beck. Denn Leute kämen mit kleinen Müllmengen sogar von außerhalb nach Karben gefahren, nur um ein paar Cent Gebühren zu sparen. Das sei einer der Gründe für die teilweise sehr langen Wartezeiten in der Klein-Karbener Anlage.
Nicht nur: Die Mitarbeiter beobachteten sogar, dass Bürger ihre Müllmengen aufteilten und mehrfach kämen, nur um niedrige Eurobeträge an Gebühren zu verhindern. „Das ist völlig irrational“, erklärt Gerald Leps, im Rathaus zuständig für die Abfallentsorgung. Denn die Kosten für die Autofahrten überstiegen in diesen Fällen stets die Höhe der Einsparungen.
Deshalb ist Leps davon überzeugt, dass der Wegfall der Kleinmengenregelung auch seine positive Wirkung haben wird – nicht nur durch die kürzeren Wartezeiten für Kunden, sondern auch für die Umwelt: „Die Zahl der Anfahrten wird sich drastisch reduzieren.“ Für kleinere Mengen an Grünschnitt, so hofft man im Rathaus, benutzen die Bürger die Biotonne – die ohnehin nur mäßig genutzt werde.
Mehr Dreck im Graben
„Für kleine Mengen ist die Biotonne da“, erinnert der Bürgermeister. Für die Kleinmengen extra mit dem Auto zum Recyclinghof ganz am Ende der Max-Planck-Straße zu fahren, sei ein Umweltfrevel. All diese Argumente überzeugen den Linken-Stadtverordneten Uwe Maag nicht. Denn unterm Strich bleibe für die Bürger eine Gebührenerhöhung übrig. „Das ist wegen der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der Stadtfinanzen nicht sinnvoll“, findet er.
Grünen-Fraktionschef Rainer Knak fürchtet, dass durch das Kassieren auch von Kleinmengen in Zukunft mehr Bauschutt in Straßengräben gekippt werde. „Dadurch kommen hohe Kosten auf die Stadt und die Steuerzahler zu.“
Auch Thomas Görlich befürchtet: „Die Bürger werden sehr kreativ sein.“ Auch bemängelt er, dass sich bei den Wartezeiten nichts verbessern werde: „Wenn absolut jede Anlieferung gewogen werden muss, bremst das die Abläufe sehr.“
Dass das alles nicht so schlimm wird, hofft der Bürgermeister. Er widerspricht dem Vorwurf, die Gebühren zu erhöhen. Karben stoppe lediglich deren Erlassen. „Alle anderen Wertstoffhöfe halten sich ja an die Standardgebührenregelung.“ Wahrscheinlich werde die Stadt dadurch „leicht mehr Einnahmen“ haben, räumt Rahn ein. Diese könnten helfen, die nächsten Erhöhungen bei den Müllgebühren abzufedern – oder zu verhindern. (den)