Die Akademische Feier in der Turnhalle des Sport- und Kulturvereins (SKV) leitet den Auftakt zu einer Vielzahl von Veranstaltungen im Jubiläumsjahr 1200 Jahre Büdesheim ein. Der Schönecker Ortsteil wird erstmals in einer Schenkung an die Reichsabtei Fulda in der Regierungszeit des Abtes Ratgar (802 bis 817) erwähnt.
Schöneck. „Ein Ort lebt nicht nur von seiner Existenz allein, sondern von Menschen, die den Gemeinsinn weitertragen.“ Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler (SPD) sagt dies klar und deutlich in ihrem Grußwort bei der akademischen Feier zum 1200-jährigen Bestehen von Büdesheim. Sie erinnert auch an den Trend der Regionalisierung, an die starke Sehnsucht der Menschen im Main-Kinzig-Kreis nach Identität und diese in der Regionalität zu erfahren.
Sie greift damit einen Gedanken der Schönecker Bürgermeisterin Conny Rück (SPD) auf, die von einer schnelllebigen Gesellschaft und gesteigerter Globalisierung spricht, parallel dazu aber auch deutlich macht, dass Traditionspflege und Regionalität immer mehr an Bedeutung gewinnen. „1200 Jahre sind nur ein kurzes Intermezzo in der Menschheitsgeschichte, doch vor allem ist es für unseren zweitjüngsten und zweitgrößten Ortsteil in Schöneck von heimatgeschichtlichem Interesse“, sagt Rück.
Einstiges Butensheim
Viele Generationen hätten in dieser Zeit gelebt, die Menschen ihre Umgebung gestaltet. Ortsvorsteherin Christina Zehner (WAS), die seit über 50 Jahren in Büdesheim lebt, erinnert an das Alte Schloss, an die Turnhalle, in der das Laternenfest seinen Ursprung hat und an „ihr Büdesheim“, in dem fast 30 Vereine beheimatet sind. „Des is de Nawwel dieser Welt, en Dappes, wem es net gefällt“, beendet sie ihr Grußwort mit einem Zitat des „Beusemer Bubs“ Dirk Glock.
Einen Höhepunkt bildet der 40-minütige Festvortrag des Historikers Bernd Vielsmeier. Der frühere Bürgermeister und Moderator des Abends Ludger Stüve (SPD) stellt ihn als einen Mann vor, der viel zur Büdesheimer Chronik beigetragen hat. Vielsmeiers Parforceritt durch die Geschichte beginnt mit dem Codex Eberhardi, geschrieben um 1160, in dem die früheste bekannte Erwähnung des Dorfes Büdesheim, damals noch Butensheim, überliefert ist.
Vielsmeier nennt wichtige geschichtliche Daten wie etwa den 27. November 1554, als der Friedberger Burggraf Johann Brendel von Homburg den Klosterhof in Büdesheim, Bruderhof genannt, vom Kloster Michelsberg in Bamberg kauft. Er lässt den Hauptbau zu Wohnzwecken schlossartig umgestalten und nennt seinen neuen Familiensitz Brendelstein. Nach dem Tod des Burggrafen 1569 erben seine Tochter Magdalene und Schwiegersohn Cuno Schütz von Holzhausen das Schloss und das Gut. Vielsmeier spannt einen weiten Bogen, vom Fettmilch-Aufstand 1612 bis 1614 in der Freien Reichsstadt Frankfurt, über die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, die erste Nennung von jüdischen Familien im Dorf um 1720 und einigen Eigentümerwechseln bis hin zur Neugestaltung des Schlosses.
1915, nach dem Tod von Gräfin Marie von Oriola erbt die Familie Sommerhof den Büdesheimer Besitz. 1943 kauft die Frankfurter Metallgesellschaft das Neue Schloss. 1946 wird es beschlagnahmt und zu einem Altersheim für Flüchtlinge. 1956 erwirbt das Land Hessen das Schloss zur Errichtung eines Landesflüchtlingslagers. Am 1. Januar 1971 wird Büdesheim einer der drei Ortsteile der neu gegründeten Gemeinde Schöneck und gehört dem Landkreis Hanau an.
Lebte die Bevölkerung bis in das 19. Jahrhundert überwiegend von Landwirtschaft und Leinenweberei, trat mit dem Bau der Eisenbahnstrecke von Stockheim nach Bad Vilbel im Jahr 1907 eine Veränderung der Struktur ein. Heute ist Büdesheim eine attraktive Wohnsitzgemeinde im Nahbereich von Frankfurt geworden. Im „Beusem-Talk“, einer von Stüve moderierten Talkrunde, sprechen alteingesessene Büdesheimer wie die 1937 geborene Erika Stüss und Dieter Glock, der das Vereinsleben im Ort lobt, sowie der „Eingeplackte“ und seit neun Jahren in Büdesheim lebende Norddeutsche Knut Kemlein-Schiller über Lebensqualität, Wünsche und ihre Lieblingsorte in Büdesheim. Während sich Schiller eine bessere Verkehrssituation wünscht und ein besseres Angebot für Jugendliche, plädiert Stüss für einen Nachtbus von Frankfurt nach Schöneck.