Vor ein paar Wochen habe ich mich in eine peinliche Situation gebracht. Meine Schwägerin war zu Besuch und ich wollte ihr zum Nachtisch etwas von meinem original iranischen Baklawa anbieten. Da ich diese orientalische Süßigkeit sehr mag, hatte mir eine Freundin eine edle Box mit Baklawa von ihrer Reise in den Iran mitgebracht. Weil man so etwas Besonderes ja nicht einfach so zwischendurch mal wegfuttern kann, habe ich nur ganz wenig davon gegessen und die Box danach in den Schrank gestellt. Ich wollte den Rest aufheben: Für besondere Tage oder eben für besondere Gäste.
Doch als ich das Baklawa meiner Schwägerin anbot, war es schon längst völlig verdorben. Und zu allem Überfluss stellte ich das nicht selbst fest, sondern sie. Wie peinlich!
In der Bibel gibt es eine ähnliche Geschichte (in: 2. Mose 16). Da zieht das Volk Israel durch die Wüste. Weil sie großen Hunger aber gerade nichts zu essen haben, lässt Gott Brot vom Himmel regnen. Davon werden auch alle satt. Doch das reicht ihnen nicht. Und sie machen das, was wir Menschen gerne tun: Sie hamstern. Sie sammeln in ihren Körben viel mehr als sie brauchen und viel mehr als sie essen können. Es soll für später sein. Am nächsten Morgen ist jedoch alles voller Würmer und stinkend. Die Idee ging nicht auf.
So gut und wichtig es ist in bestimmten Bereichen des Lebens vorzusorgen, immer funktioniert diese Taktik offensichtlich nicht. Besondere Momente kann man nicht konservieren. Vor ein paar Tagen habe ich beobachtet wie ein Schwan auf der Nidda eine majestätische Wasserlandung hingelegt hat. Und auch das wirklich Lebenswichtige lässt sich nicht horten und nur schwer in eine Konservendose quetschen: Die Luft zum Atmen, eine dringend nötige Umarmung… Vielleicht heißt es im Vaterunser genau deshalb „Unser TÄGLICH Brot gib uns heute“.
Das macht demütig. Und dankbar. Trotzdem hoffe ich, dass die reiselustige Freundin mir aus ihrem nächsten Urlaub wieder etwas Leckeres mitbringt. Aber das wird dann nicht über Monate im Schrank gehortet, sondern gegessen, auch einfach mal so zwischendurch.
Maurice Meschonat; Vikar
Ev.. Christuskirche Bad Vilbel)