Eine Ära geht zu Ende: Otmar Stein nimmt Abschied als Karbens Erster Stadtrat. Vor der Stadtverordnetenversammlung erhielt er seine Entlassung. Der CDU-Politiker arbeitete so lange wie bisher keiner in der Stadtregierung mit: 36 Jahre – ehrenamtlich! Da zollt auch der politische Gegner ein wenig Respekt.
Karben. An diesem Donnerstagabend wird es sentimental im Stadtparlament. Ein Gesicht werden die Politiker in der Runde in Zukunft nicht mehr sehen. Das von Otmar Stein (77).
Wie kein anderer hat sich der CDU-Politiker aus Klein-Karben für die Allgemeinheit aufgeopfert: 36 Jahre lang gehörte er der Stadtregierung an, diente an der Seite von vier der sechs Karbener Bürgermeister, drei von der SPD. Seit 2011 war Stein sogar Erster Stadtrat und Vize-Bürgermeister. „Ich hätte mir keinen besseren Stellvertreter wünschen können“, sagt Rathauschef Guido Rahn (CDU). All diese Arbeit erledigte Otmar Stein ehrenamtlich. Obwohl er 2010 die Zuständigkeiten für Wohnungswirtschaft, Immobilien und die Wirtschaftsförderung übernahm. „Er kriegt keine Pension, nur warme Worte“, erinnert Rahn. „Das spart unseren Bürgern viel Geld.“
Ein Mann der Tat
Über Jahrzehnte hatte sich Stein beim Karbener Büromöbelhersteller König+Neurath hochgearbeitet bis zum Vorstand, noch heute sitzt er im Aufsichtsrat. Seine Rente ist natürlich gut. So hatte er den Rücken frei, um ehrenamtlich Regierungsarbeit zu erledigen. „Er war oft schon früher als ich im Büro“, sagt Rahn. „Wie Du das schaffst, ist mir manchmal ein Rätsel.“
Stein gehörte 2011 neben Parteifreund Gerhard Cornelius und FW-Mann Michael Ottens zum Team, das die Regierungsarbeit zum Teil in ehrenamtliche Hände übernahm.
Wohl kaum ein Kommunalpolitiker ist in Karben in der Bevölkerung und über Parteigrenzen hinweg derart geachtet wie Otmar Stein. Honorig, abgeklärt, völlig selbstlos. Auf Ehrungen ist er überhaupt nicht erpicht – wenngleich ihn das Parlament wenige Minuten zuvor einstimmig zum Ehrenstadtrat wählte.
„Ein Mann der Tat, ein Mann des Ausgleichs und der Besonnenheit – es ist eine seltene Gabe, wenn jemand Diplomat und Macher in einer Person ist“, staunt CDU-Vorsitzender Mario Beck.
SPD-Angriffe
Dass sich jemand so lange ehrenamtlich engagiere, sei für viele kaum fassbar, zeigt Beck auf: „Als er zum Stadtrat wurde, war ich noch kein Jahr alt.“ „Otmar Stein ist ein Aushängeschild der CDU“, sagt Beck. Die Fußstapfen, die er hinterlasse, seien so groß, dass man keinen Nachfolger daran messen dürfe. Der heißt Friedrich Schwaab und ist seit dem Moment von Steins Entlassung Karbens neuer Erster Stadtrat. Den freien Posten im Magistrat übernimmt Heike Liebel. Stadtverordnetenvorsteherin Ingrid Lenz (beide CDU) nimmt ihr nach Steins Entlassung den Amtseid ab.
Nur wer ihn kennt, merkt Stein an, wie schwer ihm der Abschied fällt. Er wirkt nach außen wie stets distinguiert, bedacht. Selbst als er einräumt: „Das ist ein sehr einschneidendes und emotionales Erlebnis.“ Gesundheitliche Gründe haben ihn zum Rückzug bewogen.
Wehmut schwingt mit, als er sich erinnert, wie sehr sich Karben binnen seiner Amtszeit entwickelt hat. „1981 war es noch eine ganz junge Stadt.“ Die Magistratsarbeit habe ihm Freude gemacht, mit den Bürgermeistern habe er „gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet“.
Selbst Diplomat Stein blendet die SPD-Angriffe während des Kommunalwahlkampfs 2016 nicht aus. Die Sozialdemokraten warfen ihm Mauscheleien und Hinterzimmerpolitik vor – als er gerade äußerst transparent das Entscheidungsverfahren für die Bebauung des Dreiecksgrundstück in der Neuen Mitte vorantrieb. Das seien „unseriöse, persönliche Angriffe, die mich sehr getroffen haben“, sagt Stein.
Wenige Minuten später wird SPD-Fraktionschef Thomas Görlich bei seinen Dankesworten darauf nicht eingehen. Er lobt stattdessen Steins Engagement: „Wir schätzen, was Sie in diesen 36 Jahren geleistet haben. Das wird nicht zu toppen sein.“ „Es wird schwierig“, ahnt der Bürgermeister, „diese Lücke zu füllen.“ (den)