Auf Steuern verzichten, um Steuern zu sparen: Mit einem Tauschgeschäft gehen fünf Immobilien der Bad Vilbeler Stadtwerke in den steuerbefreiten Bereich. Die Abstimmung im Stadtparlament verläuft am Ende zwar einstimmig – aber nicht ohne Zweifel der Opposition an diesem Schachzug.
Bad Vilbel. Die Erich-Glück-Stiftung wurde im Namen des früheren Bad Vilbeler Bürgermeisters gegründet, um älteren Menschen finanziell unter die Arme zu greifen. Doch bei den derzeitigen Niedrigzinsen vermehrt sich das Kapital der Stiftung von gut einer halben Million Euro nicht gerade rasant.
„An Einnahmen sind deswegen derzeit nur die Mieteinnahmen aus Glücks früherem Wohnhaus zu nennen“, leitet Stadtwerke-Chef Klaus Minkel (CDU) einen Vorschlag des Magistrats ein, den auch Bürgermeister Thomas Stöhr als „doppelten Gewinn“ bezeichnet. Denn die Stiftung erhält nun zwei Prozent an fünf Immobilien der Eigenbetriebe der Stadtwerke. Es handelt sich um die Liegenschaft, in der WT Systems untergebracht ist, das Brückencafé über der Nidda, das Lokal in der neuen Halle auf dem Heilsberg, das Woolworth-Gebäude und das Rathaus ohne die dortige Kantine. Die Stadt erhält im Gegenzug das Kapital der von der Stadt verwalteten Stiftung und zwei Prozent des früheren Wohnhauses von Erich Glück.
Durch diesen Schachzug fallen jene fünf Gebäude in Gänze aus dem gewerblichen und somit steuerpflichtigen Bereich des Eigenbetriebes. „Es ist aber kein Steuersparmodell, da alles im öffentlichen Bereich verbleibt. Und es kommt alles Bad Vilbeler Bürgern zugute“, beugt Minkel möglicher Kritik gleich vor.
Opposition hat Fragen
Und die kommt auch. „Es stehen Fragen offen, auf die wir noch immer keine Antwort bekommen haben“, bezieht sich etwa SPD-Fraktionschef Christian Kühl auf eine Diskussion zu diesem Thema im Haupt- und Finanzausschuss eine Woche zuvor. So werde nirgends über die neue Gesellschaft, die aus diesem „Kauftausch“ hervorgehe, berichtet, das Konstrukt bleibe völlig im Nebel. „Alle Informationen muss man Ihnen aus der Nase ziehen“, ärgert sich Kühl über Minkels spärliche Informationspolitik.
„Nicht redlich“ findet auch Grünen-Sprecher Jens Matthias die Vorgehensweise. Dass die Stadt Bad Vilbeler Bürgern helfen wolle, sei durchaus löblich. Aber von der Satzung der Stiftung sei in der Vorlage nichts zu lesen. Zweck der Stiftung ist es, „christlich gesonnenen, armen Bad Vilbeler Bürgern in ihrer Not helfen“.
Auch das Verschweigen der Summen, um die es geht, ist für Matthias nicht tragbar. Schließlich nennt er sie selbst. Es gehe um 60 000 Euro, die die Stadt weniger an Gewerbesteuer einnehme. Davon müsste sie rund zwei Drittel als Kreis- und Schulumlage nach Friedberg weiterleiten.
Erlöse steigen an
Die Stiftung hingegen nehme durch die Anteile etwa 7000 Euro pro Jahr ein, schätzt Matthias. „Können wir nicht einfach 7000 bis 10 000 Euro in den Haushalt einstellen?“, fragt er.
Klaus Minkel rechnet gegen. So habe Matthias etwa die Kapitalertragssteuer und die Körperschaftssteuer nicht einbezogen, hier flössen sonst weitere Gelder ab. Und es seien anfänglich etwa 11 000 Euro für die Stiftung, durch die weitere Entschuldung der Gebäude werde diese Summe zügig ansteigen.
Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung stimmen schließlich doch alle Fraktionen im Stadtparlament zu. Aber Matthias warnt: „Wenn es wieder so komplizierte Konstrukte gibt, werden wir dagegen sprechen.“