Erst dauerte es viele Jahre, dann ging es ganz schnell. Vor wenigen Tagen fand die erste Baumbestattung auf dem städtischen Friedhof Lohstraße statt.
Bad Vilbel. Die Nachfrage nach einer Baumbestattung erfahre sie schon seit zehn Jahren, berichtet Bestatterin Anette Schmidt. Sie müsse die Angehörigen dann zu anderen Orten verweisen, etwa zum Friedwald in Weilrod im Hintertaunus. Oder zum Bestattungswald in Nidderau-Eichen. Allein dort habe sie dieses Jahr bereits acht Verstorbene zur Letzten Ruhe begleitet. Die Angehörigen fänden es schade, auf andere Gemeinden ausweichen zu müssen, nur weil es in Bad Vilbel kein solches Grabfeld gebe.
Bereits im November 2012 widmete sich auch das Vilbeler Stadtparlament dem Thema Baumbestattung. Es ging um eine von der SPD angestoßene Diskussion zur Sozialbestattung, Fälle, in denen die Stadt das Begräbnis bezahle. Die SPD fand damals, solche anonym bleibenden Gräber seien würdelos. Als günstige Alternative wurde die Urnenbestattung unter Bäumen gesehen, an denen Tafeln mit Namensschildern angebracht werden könnten.
Keine Grabpflege nötig
Auch der Seniorenbeirat widmete sich der Angelegenheit, jedoch unter anderen Vorzeichen. Die Bestattungsform, die von der alternden Bevölkerung besonders vermisst werde, sei die Baumbestattung, erläuterte die Beiratsvorsitzende Veronika Ilten. Sie erlaube „eine naturnahe Ruhestätte, die einerseits mit Namen gekennzeichnet ist und aufgesucht werden kann, aber andererseits keine Grabpflege benötigt“. Der Erfolg der Friedwälder spreche für sich. „Doch wie sollen alte Freunde, die selbst nur noch bedingt mobil sind, jemals eine Grabstätte in einem Friedwald fernab der Gemeinden besuchen können?“, so Ilten.
Nun ist das Problem überraschend unkompliziert gelöst worden. „Es ist keine Satzungsänderung notwendig“, erklärt Stadtrat und Gartenamts-Dezernent Klaus Minkel (CDU). Für die Baumbestattungen habe auch nicht nachgepflanzt werden müssen, „es gibt dafür schon zwei schöne Baumreihen.“ Anette Schmidt hatte die Idee, die kleine Allee längs zum angrenzenden Parkplatz dafür zu nutzen.
Bereits fünf Stunden, nachdem das neue Angebot stand, wurde es erstmals genutzt. Die Trauerfamilie hatte bereits einen Baum in Eichen ausgewählt und konnte ihren Angehörigen nun doch noch in seiner Heimat an einer Birke begraben. Diese Lösung sei „denkbar einfach“, freut sich Schmidt. Es bestehe die Möglichkeit, auf die Grabstätte eine Gedenkplatte zu legen. Außerdem sei jeder Baum mit einer Nummer versehen, was die Zuordnung ermögliche.
Noch im Juli sah es so aus, als ob die Baumbestattung noch lange dauere. Das Garten- und Friedhofsamt der Stadt sei dabei zu prüfen, ob die Bodenverhältnisse auf dem Friedhof Lohstraße dafür geeignet seien, teilte Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) damals mit. Dann müsse noch ein Konzept erarbeitet und die Friedhofssatzung ergänzt werden.
Eine neue Gemeinschaft
Große Skepsis gab es seitens des Gartenamts, berichtet Schmidt. Dort habe man sich um die bestehenden Bäume gesorgt und angeregt, ein neues Grabfeld mit Bäumen anzulegen, wobei die Urnen zusätzlich in Rohren untergebracht werden sollten, damit sie nicht den Wurzeln ins Gehege kämen. Dabei ist der Gedanke, dass die Asche der Verstorbenen über die Baumwurzeln aufgenommen und sich so ein natürlicher Kreislauf des Vergehens und Werdens bilde, ein zentrales Motiv für diese Bestattungsform. Der Tod soll kein endgültiges Ende, sondern der Anfang neuen Lebens werden. Aber auch die Sorge der Angehörigen, die eine Grabpflege nicht mehr gewährleisten könne, spiele eine Rolle bei den Urnenbestattungen. Unter dem Baum sei sie für viele eine schönere Vorstellung, als „im Kästchen“ einer Urnenwand, sagt Schmidt.
Die vielen Menschen, die eine Baumbestattung wünschten, suchten eine Lösung, die noch an den traditionellen Friedhof anknüpfe, andererseits der Idee des natürlichen Kreislaufes entspreche, ergänzt die Vorsitzende des Seniorenbeirats. Auch lösten sich Familienbande durch geografische Entfernung oder Kinderlosigkeit auf, „so dass man sich im Tode, indem man sich mit anderen einen Baum mit seinem Schatten teilt, symbolisch einer neuen Gemeinschaft anschließt“, lautet Iltens Überlegung.
Gebühren
Für eine Baumbestattung fallen dieselben Gebühren an wie für die Urnenbestattung: 752 Euro für das Urnenreihengrab, 1050 Euro für Wahlgräber mit bis zu vier Plätzen. Ab der zweiten Urne fallen je 314 Euro an. Die Nutzungszeit für die Gräber beträgt jeweils 15 Jahre. (dd)