Bad Vilbel. Auf reges Interesse ist bei Kunstinteressierten, den für Kultur Zuständigen der Stadt sowie aktuell und ehemals ausstellenden Künstlerinnen und Künstlern der 15. Geburtstag der »Massenheimer Auenkunst« gestoßen, der mit einer Vernissage am Römerbrunnen sowie eine Führung zu den neun aktuell hinzugekommenen neuen Skulpturen begangen wurde. Begrüßt durch Ersten Stadtrat Bastian Zander (CDU) sowie den Initiator des Skulpturenparks am Erlenbach, Ehrenortsvorsteher Jörg Schatz, begab sich die Gruppe unter Führung der Kunsthistorikerin und Kuratorin der Ausstellung, Astrid Gräfin von Luxburg vom Veranstaltungsservice Kultur-Erlebnis, zu den einzelnen Skulpturen, Plastiken und Objekten.
Die Themen »Leben und Arbeit, Gespräch und Sinnfindung am Fluss und im Prozess« sowie »Visionen und Aufbrüche als Hoffnungszeichen in existenziell bedrohlichen Zeiten« prägten sowohl die neuen Kunstwerke als auch sämtliche Erläuterungen und Gespräche. So hatte Zander die Vernissage nicht nur als Repräsentant der Stadt Bad Vilbel mit Dank an alle Ideengeber und Kunstschaffenden eröffnet, sondern auch als Vater zweier Kinder in der nahe gelegenen Kita »Auenland« auf die pädagogische Bedeutung des frühen Kontaktes mit der Kunst hingewiesen. Jörg Schatz blickte dagegen zurück auf die Anfänge des Projektes »Massenheimer Auenkunst« und zog eine beeindruckende Bilanz.
In Harmonie
mit der Natur
Der Rundgang führte zunächst zu der Skulptur »Liegende«. Vom Bad Kreuznacher Künstler Frank Leske in Eiche eigens für den Skulpturenpark erschaffen, strahlt die Figur entspannte Gelassenheit aus, teilt sich einerseits der umgebenden Natur mit und lässt diese andererseits in ihre lebendig strukturierte Oberfläche einfließen. Zu den beiden starken, in sich ruhenden »Heldinnen« der Frankfurter Künstlerin Wanda Pratschke erläuterte Gräfin von Luxburg den Herstellungsprozess der Doppelbronzeplastik, die deutliche, in einigen Partien vergoldete Spuren erfahrenen Lebens zeigen und in ihrer selbstbewussten Würde, unabhängig von voyeuristischen Blicken, einen eigenständigen Entwurf des Genres Akt und des Phänomens Weiblichkeit darstellen.
Das allen irdischen Schlachten bereits enthobene »Kriegspferd« der in Frankreich geborenen Künstlerin Benedetta von Collenberg entstand als Kettensägearbeit in Ahorn und forderte allein durch die Größe seines gewaltigen Hauptes geradezu zum Anfassen heraus – eine Annäherung mit allen Sinnen, die in der »Auenkunst« Teil des Gesamtkonzeptes ist.
Halt geben
und trösten
Der rheinland-pfälzische Künstler Lilau (Markus Bäcker) reüssiert am Erlenbach mit seiner leicht und durchlässig wirkenden Skulptur »Elemente« aus dem hellen französischen Kalkstein »Pierre de Soleil«, die in Dialog mit dem benachbarten Bach tritt und das Prinzip »panta rhei – alles fließt« verkörpert. Tänzerisch mutet die Doppel-Bronzeskulptur »Kreuzdurchdrungen« der Frankfurter Künstlerin Beate Debus an. »Es bleibt bewusst offen, ob die beiden Figuren voneinander weg streben, um ein Gleichgewicht ringen, wie viele von uns in diesen Zeiten, einander Halt geben und/oder einander trösten«, so die Kuratorin. Die »Hand«, eine Schenkung des Bad Vilbeler Künstlers Jörg Engelmann, erschaffen aus Basaltlava, trägt eigentlich keinen Titel, bietet sich jedoch allein von Form und Ausdruck her zur Kontaktaufnahme an.
Der »Asparago« von Herbert Mehler fügt sich zum einen durch seine pflanzenähnliche Struktur nahtlos in die umgebende Natur ein, vermittelt andererseits die Ruhe und Zeitlosigkeit eines Baumes oder eines amorphen Obelisken. Auch Mehlers Ehefrau Sonja Edle von Hoeßle arbeitet in Cortenstahl, ihre »Kardinale II« mutet wie skulpturgewordene Musik und Bewegung an. Das Paar lebt und wirkt in Eisingen bei Würzburg.
Die überlebensgroße Eichen-Skulptur »Schauender« von Tanja Röder entstand in Pfaffenhof und ist vom Bad Salzhausener Skulpturenpark an den Teich inmitten der »Massenheimer Auenkunst« gewechselt. »Indem wir zum Schauenden hinaufsehen, reflektieren wir unser eigenes Schauen – als Überblick und Perspektive, als Vision und Ziel, als Beobachtung, Wahrnehmung, Bewachen und Beschützen«, so legte Gräfin von Luxburg das Anliegen der Künstlerin dar. von Inge Schneider