Karben. „Warten Sie mal, mein Vater hat alles gesammelt“, sagt Michael Clarius und zieht einen Aktenordner aus dem Regal. Blättert. „Da ist er ja“, nickt er und tippt auf einen aufgeklebten Zeitungsausschnitt: „Karbener Zeitung vom 3. Oktober 1969“. Das ist nun vierzig Jahre her.
Der kleine Bericht in der Erstausgabe der Karbener Zeitung über ein Fußballspiel der D-Jugend SV 1920 Groß-Karben gegen den FC Kaichen verzeichnet einen zweifachen Torschützen M. Clarius. „Ja, das bin ich“, schmunzelt der Groß-Kärber. Der SV gewann haushoch mit 6:0.
Mit zehn Jahren ist er zum Fußball gekommen. „Das war damals so spät“, erinnert Clarius sich. Die Klassen für die Jüngsten, E- bis G-Jugend, gab es damals noch nicht. „Egal wie alt du warst, du spieltest in der D-Jugend“, sagt der Fußballer. Da kam es dann vor, dass Mitspieler und Gegner drei Jahre älter waren. „Egal. Bei Talent bist du sofort akzeptiert worden, auch von den älteren“. Und Talent hatte der Michael. „Die meisten Tore habe ich geschossen“, sagt Clarius mit einem Anflug von Stolz und bleibt doch ganz sachlich. Er zieht wieder den Ordner vom Vater zu Rate. Da steht’s Schwarz auf Weiß: „In dieser Saison habe ich 26 Treffer erzielt, der nächste folgt mit sieben Toren“.
„Das rechne ich meinen Vater hoch an“, sagt Michael Clarius und deutet auf den Aktenordner. Die Sammlung der Zeitungsausschnitte ordentlich beschriftet, mühevoll auf der Schreibmaschine getippt, ist ein teures Andenken, das er in Ehren hält. Auch weil es eine besondere Wertschätzung des Vaters für den Fußballjungen ist und so viel Arbeit darin steckt. „All die Tabellen, Auflistungen und eine Bilanz zum Ende meiner Laufbahn als Jugendspieler, was das für eine Arbeit war.“
Clarius spielte auf allen Positionen, aber meistens Mittelfeld und als Libero, den gab’s damals noch. Gespielt wurde auf dem Sportplatz, auf dem die Mannschaften der heutigen KSG 1920 immer noch spielen. „Allerdings standen damals nur ganz wenige Häuser zur Straße hin. Hinten war alles Acker, da gab’s den Hessenring noch nicht.“ Highlights waren damals immer die Derbys zwischen Groß- und Klein-Karben. „Der SV hat immer oben mitgespielt und hat sich beim Siegen mit Klein-Karben abgewechselt.“
Mit der Saison 1972/73 wechselte Michael Clarius in die B1-Jugend vom 1. FC Hanau 93, der spielte in der Leistungsklasse Hessen. In 31 Spielen erzielte Clarius 16 Tore. Von 1973 bis 1976 war er Stammspieler beim FSV Frankfurt und erzielte in 158 Spielen 34 Tore. An zwei Gegenspieler aus dieser Zeit erinnert sich Clarius besonders, „die werde ich im Leben nicht vergessen!“: Rudi Bommer und Ronnie Borchers, beides spätere Bundesliga- und Nationalspieler, denen Clarius das Leben auf dem Spielfeld schwer gemacht hat. „In einem Zeitungsbericht über mich als 17-Jährigen hat gestanden, dass ich genug Talent hätte, um ins Profilager zu wechseln“, berichtet Clarius, sucht und findet den Artikel. Er hat sich aber anders entschieden. Für Beruf und Familie. Gut zehn Jahre kehrt er dem Fußball den Rücken und kommt erst wieder auf den Fußballplatz, als sein Filius zu kicken anfängt. Was er da sah, hat ihn wenig begeistert, „und da habe ich das Training übernommen.“ Erfolgreich. Einen Stammkader von 15 Spielern bringt er durch die Jugendzeit, die geschlossen in die Seniorenmannschaft wechselten. „Das war schon etwas ungewöhnliches“, erzählt Clarius. Der Zusammenhalt stimmte, auch auf dem Platz, davon zeugen etliche Kreismeistertitel, Pokalsiege, Hallenkreismeister und der Aufstieg in die Bezirksklasse. Clarius bleibt bescheiden: „Ja, wir haben schon einige Titel eingeheimst“.
Noch immer hat er Spaß am Fußball, aber: „Die Jugend war für mich die schönste Fußballzeit“, resümiert Clarius. Gleich nach der Schule trafen sich die Jungen auf dem Dallesplatz zum Fußballspielen. „Wir waren noch richtige Straßenfußballer. Und auf dem kleinen Platz zu spielen, da zeigte sich der technisch versierte Kicker“, erinnert sich Michael Clarius an jene Jahre, in der die Karbener Zeitung das Licht der Welt erblickte.